MFG - Mir passieren immer wieder solche Dinge
Mir passieren immer wieder solche Dinge


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Mir passieren immer wieder solche Dinge

Text Beate Steiner
Ausgabe 03/2019

Kult-Kellner, Höfefest-Organisator, Musik-Agent, Schriftsteller und Wein-Experte – in Dietmar „Hasi“ Haslingers Leben fügt sich eins ins andere.

Ganz banal gefragt: Warum haben Sie den Roman geschrieben?
Diese Frage kann ich genau so wenig beantworten wie „Warum hast Du ein Höfefest gemacht?“ oder „Warum hast Du eine Musikagentur gegründet?“ Solche Dinge passieren mir einfach.
Wie ist Ihnen der Roman passiert?
Ich hab’ bei einem meiner Brunello-Feste Geschichten erzählt, unglaubliche, aber wahre Geschichten aus meinem Leben. Meine Frau Renate hat dann am nächsten Morgen gemeint, das musst du aufschreiben. Dann habe ich förmlich Tag und Nacht durchgeschrieben, bis ich wieder mit Bands auf Tournee gehen musste.
Da war das Buch aber noch nicht fertig? 
Nein, im Februar 2016 verbrachten meine Frau und ich einige Zeit in Montalcino, wo wir zur Jahrgangspräsentation Benvenuto Brunello eingeladen waren. Neben vielen Interviews habe ich auch dort Zeit zum Schreiben gefunden. Im Sommer waren wir wieder einige Wochen in der Toskana, auch da wurde viel geschrieben. Dann wieder im Februar 2017 bei der nächsten Benvenuto Brunello. Vor allem in den Sommern 2017 und 2018 auf der Terrasse eines total abgelegenen kleinen Häuschens an einem wunderschönen Strand im Nordwesten Siziliens habe ich den Roman vollendet.
Wie haben Sie den Roman dann herausgebracht?
Verlag habe ich keinen gefunden. Und ich hatte auch Schwierigkeiten mit den österreichischen Anwälten der Rolling Stones, die im Buch sehr präsent sind. Da ist mir dann aber glücklicherweise wieder etwas passiert – durch Kontakte von einem meiner Musiker gab es dann keine Probleme mehr.
Ihr Buch erzählt von einem St. Pöltner Buben, der in einer reichen englischen Händlerdynastie aufwächst, am Rande des Rock-Jet-Set, in Darjeeling genauso zuhause ist wie in Marrakesch, der Toskana und natürlich England. Wie viel St. Pölten steckt in dem Roman? Und wie viel Hasi-Biographie?
Schon einiges, das herauszufinden überlasse ich aber der Phantasie der Leser und Leserinnen.
Dann versuche ich das einmal, als Leserin des Romans. Sie haben bei mir mit der Beschreibung des Lokalkolorits der langweiligen Provinzstadt viele Erinnerungen an das St. Pölten im ausgehenden 20. Jahrhundert aufleben lassen und Bilder aufblitzen lassen von Menschen, die ich kannte. Sie haben aber auch Sehnsucht geweckt nach Reisen in die weite Welt, natürlich nach dem herrlichen Brunello-Land. Wie haben Sie sich das Wissen über die Geschichte des Brunello und all die interessanten Winzerpersönlichkeiten angeeignet?
Ich beschäftige mich seit 30 Jahren mit dem Brunello di Montalcino. Also habe ich die Winzer per Mail und Telefon eingeladen. Ich habe sie um Interviews gebeten und hatte dabei nur positive Erlebnisse. Zum Beispiel mit dem Grafen Cinzano, der so begeistert war von der Idee hinter meinem Roman, dass er das geplante Interview kurzfristig in einen Tag mit Besichtigung des Weinguts, Weinverkostung, Dinner und interessanten Gesprächen verwandelte.
Zurück nach St. Pölten. Sie sind im Gegensatz zu früher selten in der Öffentlichkeit präsent, obwohl Sie hier leben. Sind Sie noch aktiv in Lokalen unterwegs?  
Eher selten, das liegt auch daran, dass ich auf Grund meiner ehemals großen Hundemeute lieber zu Hause geblieben bin. Wenn ich in Lokale gehe, dann untertags auf einen schnellen Espresso ins Schubert, Schau.Spiel oder Emmi, im Cinema Paradiso bin ich ja öfters mit Bands von mir. Das Wellenstein besuche ich auch viel zu selten und Vinzenz Pauli liegt leider völlig aus – meiner – Hand und der Figl hat leider immer dann, wenn ich Lust hätte, zu. Am Abend koche ich lieber zu Hause. Ich habe relativ hohe Ansprüche und denke mir immer „das kann ich auch.” Zudem hole ich dann meine Lieblingsweine aus dem Keller. Leider gibt es in St. Pölten kein Lokal mit wirklich guter Weinkultur, liegt natürlich auch an der Kundschaft. „Mein” Lokal gibt’s ja überhaupt nicht hier, das müsste ich selber machen – und wäre auch ein Erfolg, aber dafür fehlt mir das nötige Kleingeld. Also, wenn ein Investor dies lesen sollte – ich bin bereit!
Wie oft im Jahr sind Sie eigentlich unterwegs mit „Ihren“ Künstlern?
Ich begleite so 150 bis 200 Konzerte im Jahr. Bisher habe ich über 4.000 Konzerte überall auf der Welt organisiert.
Planen Sie neben dem Musik­agentenleben ein Schriftstellerleben? Welche Erwartungen haben Sie als Autor?
Überhaupt keine. Aber wunderbar wäre es dennoch, einen Verlagspartner zu finden, der das Potenzial des Buchs erkennt, die Idee dahinter, und in einer sorgfältig nachlektorierten zweiten Ausgabe am deutschen Markt sicher zehntausend Bücher verkaufen könnte. Mit einer englischen Ausgabe in den USA und Großbritannien bestimmt dreißigtausend und in einer italienischen Übersetzung sicher auch einige tausend Stück. Es werden knappe neun Millionen Flaschen Brunello im Jahr verkauft. Ein Großteil dieser Konsumenten ist an der Geschichte des Brunello di Montalcino interessiert, und wenn nur ein Prozent der „Flaschen-Kontakte” das Buch kaufen würde, wären das neunzigtausend Exemplare! 
Sie sind auf den Geschmack gekommen!
Die Idee dahinter ist eigentlich,  in Folge-Romanen weitere Weingegenden vorzustellen. Ich habe auch schon begonnen, in der Wachau zu recherchieren. Da bin ich aber bei einem Weingut ziemlich abgeblitzt mit meiner Idee, die auch Brunello, Sex & Rock’n’Roll zugrunde liegt und mit der ich bei den italienischen Weinbauern willkommen war. Nämlich, den Namen und die Geschichte der Winzer und Weingüter in eine fiktive Geschichte einzubauen. Der F. X. Pichler hat mich und meine Frau rausgeschmissen. „Veltliner, Sex & Rock’n’Roll“ schlummert also noch.
ZUR PERSON
Dietmar Haslinger, Jahrgang 1965, war in den 1980er- und 1990er-Jahren Kellner in der St. Pöltner Szenegastronomie, bis er 1994 die Musikagentur Weltenklang gründete. Mit „Weltmusik-Musikern“ war er seither bei über 4.000 Konzerten in ganz Europa unterwegs. Von 1993 bis 2003 programmierte er das Höfefest. Der Vater dreier erwachsener Töchter ist zum zweiten Mal verheiratet.