MFG - Für "DUM" verkauft
Für


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Für "DUM" verkauft

Text Thomas Fröhlich
Ausgabe 06/2012

Literaturzeitschriften gibt’s ja gar nicht so wenige. Selten allerdings, dass eine über Jahrzehnte durchhält. Wie das St. Pöltner ETCETERA etwa (das MFG berichtete). Oder DUM aus Langenlois, das dieser Tage seinen 20er feiert. Wir gratulieren herzlich und unternehmen eine Zeitreise zurück in die 90er – für anständige Getränke ist gesorgt.

Was sich jetzt genau am 23. Oktober 1992 im Zug nach Wien, auf Höhe St. Andrä-Wördern, abspielte, wird wohl ewig ein Geheimnis bleiben. Der Langenloiser Wolfgang Kühn, seines Zeichens Schriftsteller, Bandleader, Poetry Slammer, Mundartrapper und inzwischen (gemeinsam mit Sylvia Treudl und Michael Stiller) Unabhängiges-Literaturhaus-Niederösterreich-Krems-Mastermind, wollte nach einer durchzechten Nacht mit einigen Brüdern und Schwestern im Geiste „einmal etwas anderes machen“. Eine Zeitschrift mit dem Untertitel ‚das Magazin, das Sie nicht für dumm verkauft’ sollte es werden. Die definitive Namensgebung erfolgte aber nicht im Zug, sondern zwei Monate später nach der Christmette in Langenlois: DUM. Das.Ultimative.Magazin.
Der laut Kühn „unfassbare Anfangselan“ ermöglichte zu Beginn eine häufige, wenngleich unregelmäßige Erscheinungsweise, ein recht unterschiedliches schreibmaschinengeneriertes Erscheinungsbild und inhaltlich so ziemlich alles vom Gedicht bis hin zu Malen-nach-Zahlen. Eine Scheiss-mir-nix-Punkattitüde war da am Werk – die einzige Regelmäßigkeit bestand in den „epochalen Wodka-Zeremoniellen nach Erscheinen jeder neuen Ausgabe“, wie Kühn sich erinnert. Die ersten Gastbeiträge trudelten ein – und irgendwann stellte sich die Sinnfrage: Professionell weiter machen oder eine schöne Leiche im literarischen Underground hinterlassen?
Man beschloss weiter zu machen, gleichsam gesellschaftsfähig zu werden. Ein Verein wurde gegründet, die Gestaltung des Heftes einem „seriösen“ Relaunch unterzogen – und die Beiträge – sowie die Abonnentenzahlen stiegen. Ursprünglich als lokal orientiertes Magazin konzipiert, wuchs DUM sehr bald schon über die Region hinaus und hat sich inzwischen als Zeitschrift einen Namen gemacht, die vornehmlich noch nicht etablierte Literatur publiziert und die aus der österreichischen bzw. deutschsprachigen Medienlandschaft längst nicht mehr wegzudenken ist.
Dennoch ist DUM dem, wenn man so will, „Gründungsort“ Langenlois treu geblieben und hat in den letzten Jahren das literarische Leben im Kamptal entscheidend mitgeprägt. So war DUM Mitbegründer des mittlerweile international renommierten Kulturenfestivals „Literatur & Wein“, das seine Premiere 1999 auf Schloss Gobelsburg hatte, Mitveranstalter der legendären Reihe „Literatur in der Kellergasse“ in Schiltern und hat viele Jahren das genussreiche „V.ER.LESEN“ im Weingut Kirschbaum ausgerichtet. Im Dezember 2011 erfolgte der Startschuss zu einem neuen Projekt, das sich „Literatur im Kino“ nennt und Autorinnen und Autoren mit ihren verfilmten Werken in den jüngst eröffneten Vierzigerhof bringen möchte.
Neben Heimspielen in Langenlois finden auch immer wieder DUM-Veranstaltungen in Krems und in Wien statt. In Letzterem vor allem im Café Anno, wo DUM gern gesehener Gast beim „ALSO – Anno LiteraturSOnntag“ sowie auf der im Badeschiff Wien stationierten Lesebühne „Dogma.Chronik.Arschtritt“ ist. Aber auch die DUM-Gastspiele in Berlin, wo vornehmlich junge Autorinnen und Autoren aus Niederösterreich präsentiert werden, erfreuen sich großer Beliebtheit. Besonders fein ist es natürlich für die Macher mitzuerleben, wenn aus den „Unbekannten“ von damals die „Bekannten“ unserer Tage werden wie etwa die FM4-Charts-affine HipHopperin, Poetry Slam-Organisatorin und Autorin Mieze Medusa oder die inzwischen international renommierte Schriftstellerin Milena Michiko Flasar, die auch der LitGes St. Pölten und dem ETCETERA so manches Highlight beschert haben. Überhaupt geht’s da nicht um ein von manchen immer wieder kolportiertes Konkurrenzverhältnis der Literaturzeitschriften und -vereine. Vielmehr haben wir’s mit einem Synergie-Effekt zu tun, der oftmals in wechselseitigen Einladungen mündet.
DUM, das ist aktuell ein Dreiergespann, bestehend aus Gründungsmitglied Wolfgang Kühn, Kathrin Kuna, und dem Autor und Poetry Slammer Markus Köhle.
Das Erfolgsgeheimnis der Zeitschrift DUM … ist gar kein Geheimnis: unterschiedliche Texte bringen, die man einfach gern liest. Punkt.
Das Thema des kommenden Heftes ist übrigens: „verkatert“. Bis 10. Juli gilt die Einreichfrist. Da wär’ jetzt eigentlich ein Wodka fällig. Auf die nächsten 20 Jahre.