MFG - Polit-Spielplatz
Polit-Spielplatz


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Polit-Spielplatz

Text Johannes Reichl
Ausgabe 06/2013

Am Anfang war die Facebook-Site „Initiative für die Errichtung eines Indoorspielplatzes in St. Pölten“, dann erinnerte die ÖVP an ihre diesbezügliche Forderung aus dem letzten Wahlkampf, und eh‘ man sichs versah, war spielerisch leicht aus der Causa die übliche rot-schwarze Schlammschlacht geworden.

Da wurden seitens der ÖVP Grußadressen ausgeschickt à la „Die Stadt sollte jetzt sehen, dass dieser Wunsch nach einem Indoor-Spielplatz ernst zu nehmen ist und die Familien nicht länger vertrösten“ oder, mit völlig kontextlosen Seitenhieben auf des Bürgermeisters Landesfunktion „Wenn Herr Stadler sich vielleicht aufgrund seiner neuen Aufgabe auch eine solche Erleichterung wünscht, ist und bleibt es dennoch Aufgabe der Stadt eine aktive Standortpolitik zu betreiben und Investoren – wie z. B. für einen Indoor-Spielplatz – nach St. Pölten zu holen.“ Die Stadt ihrerseits reagierte „gereizt“ und war sich nicht zu billig sogar das aktuelle Hochwasser als Totschlagargument ins Spiel zu bringen: „Angesichts des Jahrhunderthochwassers müssen wir auch überlegen, wo wir die Prioritäten setzen. [...] Auch wenn wir diesmal verschont geblieben sind, werden wir den Hochwasserschutz irgendwann dringend brauchen und froh sein, wenn wir in Schutzmaßnahmen investiert haben.“ Beides ist überzogen. Zunächst ist festzuhalten, dass St. Pölten kleinkindertechnisch bei Schlechtwetter sicher nicht völliges Ödland ist, auch wenn einem das nach vier verregneten Wochenenden so erscheinen mag (da gibt es den Indoor-Spielplatz im Landesmuseum – auch sonntags, jene in den Möbelhäusern – freilich nicht sonntags, es gibt Aktivitäten wie Babykino und Kinderdisco, Kinderbowling oder die Aquacity). Umgekehrt ist der Wunsch nach einem größeren Angebot, etwa eines großen Indoor-Spielplatzes, in der Hauptstadt, nachvollziehbar  – zumal derlei Einrichtungen zum Teil auch in kleineren Städten wie etwa Wr. Neustadt oder sogar Gars am Kamp bestehen. Aber, und es ist ein großes ABER, womit man zu einem (zumindest politischen) Kern in der aktuellen Debatte kommt: Die Suggestion, dass ein Indoorspielplatz quasi am Unwillen und der mangelnden (finanziellen) Unterstützung der Stadt scheitert oder es ursächlichste Aufgabe der Kommune sei, für die Etablierung oder gar Führung eines solchen zu sorgen, ist hinterfragenswürdig. So kontert der Bürgermeister der Darstellung der ÖVP, der ehemals ins Spiel gebrachte Indoorspielplatz sei an seiner Arroganz gescheitert, mit konkreten Zahlen: „Der Investor wollte von der Stadt einen Investitionszuschuss von 170.000 Euro, zudem sollten wir die Ausfallshaftung übernehmen, hätten aber kein Mitspracherecht bekommen. Die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern hätte sich die Firma allein behalten.“ Klingt ganz passabel – für den Betreiber. Dabei war dieser „Wunschzettel“ sicherlich nicht an den Haaren herbeigezogen, sondern Ausdruck des hohen unternehmerischen Risikogrades einer solchen Einrichtung. „Ich habe vor drei Jahren auf Bitte von Herrn Wurzer viel Zeit und Energie für ein komplett ausgearbeitetes Konzept für einen Indoorspielplatz in St. Pölten investiert. Das Ganze wurde vom Herrn Bürgermeister abgelehnt, mit dem Hinweis, dass kein Geld dafür da ist“, erzählt diesbezüglich Werner Nossal, Betreiber des Family Fun im 23. Wiener Gemeindebezirk.
Freilich, wie sich im Rahmen unserer Recherchen herausgestellt hat, bildet St. Pölten mit diesem Standpunkt keine Ausnahme. So erhält keine einzige von MFG erreichte Einrichtung relevante Förderungen seitens der Öffentlichen Hand. „Leider gibt es weder von Land, Bund noch Gemeinde einen Cent Förderung“, lässt etwa Pamela Zuzula-Dettman vom Jungle Indoor Playland in Wr. Neustadt wissen, ebenso bestätigt Werner Groiß vom MOKE in Gars/Kamp: „Leider gab es fast keine Förderung der Gemeinde – abgesehen von der allgemeinen Mitarbeiterförderung wie in jedem Betrieb in Gars – als auch nicht die erwartete Förderung vom Land.“ Auch die Regenbogenwelt in Graz (Barbara Enderle: „Wir bekommen in Graz überhaupt keine Förderung“) oder der Lollipark in Linz/Pasching gehen fördertechnisch leer aus – im Unterschied zu anderen Einrichtungen, wie Ümit Rende aufzeigt: „Viele vergleichbare Einrichtungen wie Schwimmbäder, Museen u. ä. werden staatlich gefördert und könnten sonst gar nicht existieren.“
Was Rende damit zum Ausdruck bringt, ist die Härte des Indoorspielplatz-Business. So ist ein Indoorspielplatz, quasi mit umgekehrten Vorzeichen, sehr wetterabhängig – soll heißen: Wenn es schön ist, bleiben die Gäste aus. „Wir haben in Oberösterreich Bestlage, direkt neben der Plus-City in Pasching, und dennoch sind wir stark wetterabhängig“, so Rende, und auch Enderle von der Regenbogenwelt Graz verweist auf einen Job, in dem man gute Nerven braucht: „Im Winter läuft unser Indoorspielplatz sehr gut, man muss allerdings dann den ganzen Sommer mit den Einnahmen vom Winter auskommen. Das Problem ist auch, dass man so wetterabhängig ist, und daher die Einnahmen oft variieren.“
Schwierig – und riskant – ist die Errichtung zudem aufgrund der hohen Anschaffungskosten. Allein in Gars war, wie Groiß ausführt, „Eigenkapital von rund 180.000 Euro notwendig“, wobei dort kaum Mietkosten anfallen. Interessantes Detail am Rande: „In Gars kamen Initiative und Finanzierung von der Garser Wirtschaft.“ Bei einem Hauptstadtprojekt schraubt sich die Investition wohl noch weiter nach oben. „Um einen Indoorspielplatz in attraktiver Größe und der von den Besuchern erwarteten Qualität einzurichten, ist ein siebenstelliger Betrag zur Investition notwendig. Dabei muss das Gebäude und der Grund bereits vorhanden und in gutem Zustand sein“, rechnet Rende vor, und verweist zudem auf hohe Energie-, Instandhaltungs- und Personalkosten. Daher ist er im Hinblick auf ein Projekt in St. Pölten skeptisch „Wir haben zwar mittlerweile unser Konzept ständig optimiert, würden es jedoch nicht riskieren eine neue Anlage in einer kleineren Stadt mit solch hohen Kosten auszuprobieren.“
Mehr Hoffnung im Hinblick auf eine etwaige Machbarkeit gibt Pamela Zezula-Dettmann vom Jungle Indoor Wiener Neustadt, weil sie überzeugt ist, dass „der Bedarf an Indoorspielplätzen in Österreich noch lange nicht gedeckt ist“, und auch Groiß vom Garser MOKE glaubt, dass „St. Pölten sicher die Kapazität hätte“, fügt dann aber hinzu: „Man muss aber mit einem Zuschussbetrieb rechnen.“ Zuschuss, den es – zumindest im Hinblick auf eine explizite finanzielle Subvention – seitens der Kommune nicht geben wird. Vielleicht tun sich im Zuge von seriösen Gesprächen aber noch andere Möglichkeiten auf.
Die Suche nach einem Investor, wie von den Initiatoren der Facebook-Site schon in Angriff genommen,  ist eröffnet. Es wäre St. Pölten zu wünschen, wenn sich einer findet – ganz ohne politische Spielchen.