Klein(geistig)
Text
Beate Steiner
Ausgabe
Ich kann’s nicht mehr hören, dieses weinerliche Herumsudern, wenn sich etwas verändert, wenn etwas verschwindet, wenn etwas zu Ende geht. Der Kreisverkehr rund um den hässlichen Brunnen am Europaplatz ist zur zeitgemäßen Kreuzung geworden. Und es beschweren sich wirklich Menschen, dass das Wasser speiende schirche Etwas nicht mehr die Mitte ziert, obwohl sie jetzt schneller und problemloser von West nach Ost und von Nord nach Süd kommen. Oder: Das Mausloch, die enge Unterführung bei der Heinrich-Schneidmadlstraße, wurde zu einer modernen, der Breite heutiger Autos angepassten Durchfahrt umgebaut. Da gibt’s doch tatsächlich Leute, die dem engen, Rückspiegel abrasierenden, Schlupf nachtrauern.
Es gibt aber auch die St. Pöltner, die sich Sorgen machen über die Geschäftsgebarung von Bauträgern, nämlich darüber, dass diese Wohnungen bauen: „Steht eh alles leer.“ Was unbewiesen ist. Eigentumswohnungen jedenfalls sind nicht viele auf dem städtischen Markt, und wenn Immobilienentwickler keine Chance sähen, ihre Wohnungen zu vermieten, würden sie kein Geld in Wohnprojekte stecken. Ja eh, wenn gebaut wird, dann wird Boden versiegelt. Aber erstens kann ökologisch vernünftig – auch in die Höhe – gebaut werden. Zweitens: Menschen wohnen nicht mehr in Höhlen, brauchen also ein Dach über dem Kopf. Drittens: Es spricht nichts dagegen, dass dieses Dach in St. Pölten ist – außer, wir wollen klein(geistig) bleiben, wie wir sind. Ja, und das Floriani-Prinzip vertreten die Suderanten natürlich auch – „woanders kann ja gebaut werden, nur nicht in meiner Nähe.“