MFG - Das Kunstwerk als Statement
Das Kunstwerk als Statement


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St. Pöltens gute Seite

Das Kunstwerk als Statement

Text Andreas Reichebner
Ausgabe 03/2024

Er verteilte René Blankoschecks an Passanten für die individuelle Insolvenz, versteigerte 54 ausgewählte „Heisl“ vor dem Wiener Signa Gebäude oder ließ Politiker schmieren. donhofer., Aktionskünstler und Maler, geht es bei seinen Aktionen darum, einen gesellschaftlichen Diskurs anzustoßen und auf Missstände hinzuweisen. Zuletzt hat er einen eigenen Rotton, in dem sein eigenes Blut vermischt wird, patentieren lassen.

Ein starker Kontrast zieht sich durch das Studio von donhofer., Rot sieht sich bei seinen neuen Kunstwerken im Gegensatzpaar mit Weiß konfrontiert. Ein Besuch im Atelier des Künstlers in der Nähe von Karlstetten offenbart sofort sein aktuelles Projekt, die „SIGNATURE COLLECTION“. Dafür mischt er seine Lieblingsrot-Töne mit eigenem Blut. Das so entstehende donhofer. Rot® hat einen Anteil von 4–5 % seines eigenen Blutes, wurde 2022 beim Deutschen Patentamt und beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum angemeldet. 

Eigenblut
„Ein befreundeter Arzt kommt zu mir, entnimmt mir Blut, das ich sofort in die Farbe mische“, erzählt donhofer. Warum Rot? „Weil Rot für mich die interessanteste Farbe ist. Ich fühle mich gleichzeitig von ihr angezogen und abgestoßen. In Rot steckt alles drin, Liebe, Hass, Leben und der Tod. Es ist eine sehr polarisierende Farbe, einerseits sehr totalitär, aber auch positiv konnotiert. Sie steht für Vitales, Herausforderndes, hat nichts Stilles an sich“, so der Aktionskünstler, der für seine Hinwendung zur monochromen Malerei mit speziellem Rot zwei Jahre Entwicklungsprozess hinter sich hat. „Mir war bewusst, dass ich, bevor ich diesen Schritt wage, mir diesen gut zu überlegen habe. Wie werde ich monochrom malen, wie erzeuge ich Tiefe?“ donhofer. hat für sich einen guten Weg gefunden, verwendet sein spezifisches „Blut“-Rot, um seine Signatur, das gemalte donhofer.Logo zu implementieren und in den Bildern Räumlichkeit zu erzeugen. Dabei bleibt er auch in den gegenwärtigen Gemälden seinem engagierten Kunstcredo treu. 

Etwas bewirken
„Ich verwende bewusst starke Kontraste, spiele gerne mit Provokation, möchte den Betrachter herausfordern, sich selbst eine Meinung zu bilden. Ich möchte ganz bewusst mit Kunst etwas bewirken. Kunst fungiert dabei als Kommunikation, Ausdrucksmittel, um Dinge in der Gesellschaft zu verhandeln“, gibt sich der Künstler, der sowohl performativ als auch malerisch agiert, kämpferisch. Dabei führt donhofer. gerne einen Diskurs mit Menschen, fordert sie auf, nicht alles hinzunehmen. Speziell bei seinen Performances und Aktionen versucht er pointiert und überspitzt, Menschen für Themen, die gesellschaftlich dringend zu diskutieren und zu hinterfragen sind, zu erreichen. Das war im Jänner dieses Jahres so, als er René Blanko/Nationalbankrottschecks an die Bevölkerung verteilte, um jedem auch seine eigene unfassbare Insolvenz zu ermöglichen – wie dem Vornamensgeber der Schecks, dem Politdarling und ehemals reichstem Immobilienmagnat Österreichs. Und das war auch bei der Nachfolgeaktion „Das große Geschäft“ vor dem Signa-Hauptquartier, wo er 54 „Heisl“, sprich Wasserklosetts versteigern ließ. „Ist das das schon die Signa-Versteigerung?“, wollten viele vorbeikommende Passanten wissen. Ja, der Grad zwischen Realität und Kunstaktion ist mitunter sehr schmal. donhofer. geht bei seinen Aktionen sehr akribisch vor, studiert vorher die rechtlichen Voraussetzungen, plant auch das Worst-Case-Szenario ein. „Ich überlege mir vorher genau, was ich dem Publikum zumuten kann, ich möchte die Leute nicht traumatisieren oder triggern.“ Eine Aktion, wie die 2014 im Stephansdom performte, als er mit 35 schwarz vermummten Darstellern das Zölibat zu Grabe tragen ließ, würde er heute nicht mehr machen, weil das nach den Terroranschlägen vielleicht Menschen traumatisieren oder retraumatisieren könnte. „Damals war sie schon richtig. … Ich denke gesellschaftliche Entwicklungen mit“, wie er in einem Interview mit dem Spiegel formuliert. 

Fleisch auf den Rippen
Denn, auch wenn er und sein Team aus Freunden, Fans und Leuten aus der Kreativbranche in den vorausgeplanten Performances im öffentlichen Raum agieren, gibt es ja noch immer den unbekannten Faktor X, das Publikum. „Wie reagiert es? Ich sehe das Publikum als integralen Bestandteil meiner Aktionen, die Menschen sind Teil des Kunstwerkes. Die Reaktionen des Publikums finde ich immer am spannendsten“, so donhofer., der einen bewusst niederschwelligen Zugang zu seinen Aktionen und Malereien wählt. „Ein 11-jähriges Kind muss die Message realisieren, ich bin kein Freund von 10 A4-Seiten Einführung, jeder soll gecatched werden, um dann später in die Tiefe gehen zu können“, umreißt er sein Kunstgedankenspiel. Er weiß aber nur allzu gut, dass Kunstwerke „Fleisch“ haben müssen, um nicht belanglos zu sein. donhofer. macht keine Performance um der Performance wegen. Er möchte Aufmerksamkeit für ein gewisses Thema generieren und zugleich Freiraum für Interpretationsspielraum geben. 

Neuer Wiener Aktionismus
Da sieht er sich durchaus in der Tradition des Wiener Aktionismus. „Ich arbeite bewusst mit Elementen der Aktionisten, aber es ist ein neuer Wiener Aktionismus“, so der Künstler, der sich nicht kategorisieren lassen will. Sein Studio im ländlichen Raum könnte genauso gut in New York sein. Es geht letztendlich um die Werke, um das künstlerische Anliegen. Kunst, ohne auch gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen, zu produzieren, das ist nicht sein Ding. Überhaupt hat er mit der Begrifflichkeit der Produktion so seine Schwierigkeiten. „Wenn Artefakte anlässlich einer Aktion aus sind, dann produziere ich nicht nach.“ Auch wenn er Kunst als Wirtschaftszweig sieht, ist er dem Terminus „Kunst kreieren“ zugeneigter. Diesem steht seines Erachtens der Begriff „Kunst verkaufen“ diametral entgegen, obwohl er dafür auch einen gangbaren Weg für sich entdeckt hat. donhofer.-Werke gibt es zum Quadratmeterpreis, so kann sich jeder ein Original leisten. „Es ist für mich eine faire Möglichkeit, Kunst zu verkaufen.“
Seit 2010 übt der ehemalige St. Pöltner Gymnasiast und FH-Absolvent Kunst professionell aus. Alexander Donhofer fungierte auch bis 2016 als „Werbemensch“, entschied sich dann ausschließlich für die Kunst. „Beides ist nicht möglich. Jetzt hat mein anderes Ich, der Alexander, nur mehr einen Kunden, nämlich donhofer.“, so der Künstler, der sehr präzise, engagiert und überlegt seinen künstlerischen Weg verfolgt. Wenn er etwa zwei Baumärkte leerkauft, um an 54 WCs für seine Performance zu gelangen, und den dritten um alle WC-Bürsten erleichtert. „Manche Projekte haben eine Vorlaufzeit von zwei Jahren, aber am Ende zählt, einem kunstfernen Publikum den Zugang zu Themen, die in unserer Gesellschaft dringlich sind, zu verschaffen.“
Vor Kurzem hat donhofer. auch einen Bildband mit kurzen Texten zu signifikanten Werken herausgebracht, er nennt ihn „Collezione Uno“ in einer Reihe aus vier Bänden. „Es ist ein Querschnitt der letzten zehn Jahre und zeigt meinen künstlerischen Frühling, aber mittlerweile bin ich im Sommer angekommen“, so der Künstler, der keine Deko-Objekte produzieren will. „Da sind meine Kunstwerke das Falsche, mir geht es um ein Statement, um die Frage, was passiert mit unserer Gesellschaft?“ Und da gibt es momentan eine Überfülle an Themen.
Sein neues Projekt „SIGNATURE COLLECTION“ wird donhofer., dessen Kunst u. a. in Wien, Basel, Köln, New York, Warschau und Berlin gezeigt wurde und Teil von privaten und öffentlichen Kunstsammlungen ist, bei einer Ausstellung in Washington zeigen, mit Pub­likumsinvolvierung und noch vor der US-Wahl. Dann wird die von donhofer. gelebte Kunstthese, wonach ein Kunstwerk für sich selbst sprechen und etwas im Betrachter bewirken soll, garantiert wieder vortrefflich umgesetzt werden.