MFG - Die Sache mit dem Finanzausgleich
Die Sache mit dem Finanzausgleich


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St. Pöltens gute Seite

Die Sache mit dem Finanzausgleich

Text Georg Renner , Jakob Winter
Ausgabe 12/2023
GEORG RENNER
Der Wilhelmsburger ist freier Journalist bei der Wiener Zeitung und DATUM.

Mehr Geld von Bund und Land? Aber großen Spielraum hat man dort auch nicht mehr.

St. Pölten macht Schulden, und das nicht zu knapp: Fast 29 Millionen Euro wird die Stadt 2024 bei einem Budget von 262 Millionen Euro mehr ausgeben als sie einnimmt. Zwar steigen die Einnahmen stark, aber die Ausgaben für Personal, Zukäufe und Transfers ans Land wachsen noch schneller.
Auch, wenn man als Landeshauptstadt besonders im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit steht: Allein ist St. Pölten mit diesen Problemen nicht. Nicht nur in hunderten Gemeinden werden nächstes Jahr die Abgänge explodieren, auch die Bundesländer werden tief in die roten Zahlen tauchen, der Bund sowieso.
Ein solches Defizit lässt sich ein Jahr gerade noch irgendwie verkraften – aber viel länger nicht, wenn man die Verantwortung gegenüber Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, aktuellen und künftigen, ernst nimmt. Und da haben größere Städte wie auch Bund und die Länder eine Pflicht, mit gutem Vorbild voranzugehen und ihren Haushalt schnell in Ordnung zu bringen. Dass die Stadt sich wünscht, Bund und Land würden mehr überweisen, ist nachvollziehbar, aber großen Spielraum hat man da wie dort nicht mehr.
Wenn sich die wirtschaftliche Lage nicht bald stabilisiert und die Teuerung wieder auf eine erträglichere Ebene absinkt, heißt das: Sparen, auf allen Ebenen. Es ist schon richtig, dass die Politik nicht sofort den Stecker zieht und beispielsweise Neubauten oder Sanierungen stoppt – mitten in einer zusammenbrauenden Wirtschaftskrise öffentliche Investitionen zu bremsen hätte den völlig falschen Effekt. 
Aber wenn das so weitergeht, wird die Stadt (und nicht nur sie) nächstes Jahr ein hartes Sparpaket schnüren müssen, weil sonst der Schuldendienst jeden Spielraum nimmt. Dazu muss der Verzicht auf schöne Prestigeprojekte genauso gehören wie die angemessene Erhöhung von Gebühren. Das hört zwar niemand gern, aber es ist angesichts der Lage alternativlos. Besser, die Bürgerinnen und Bürger bald darauf vorzubereiten, als sie zu lang in Sicherheit zu wiegen.

JAKOB WINTER
Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.

Man kann klüger werden, aber man muss nicht.

Ja, auch Politiker dürfen klüger werden. Jahrzehntelang vertrat die ÖVP die traditionalistische Auffassung, dass die Kinderbetreuung eine Aufgabe der Kernfamilie wäre – also: vor allem der Mütter und Omas.
Unter Kanzler Karl Nehammer schwenkte die ÖVP um und propagierte den Ausbau von Betreuungseinrichtungen. Der Druck dafür war v. a. vom Wirtschaftsflügel ausgegangen. In Zeiten des Arbeitskräftemangels verfolgen Unternehmer dasselbe Ziel wie Arbeitnehmervertreter: Öffentliche Kinderbetreuung ermöglicht für beide Elternteile Vereinbarkeit von Job und Kindern.
Nun soll eine halbe Milliarde Euro jährlich in den Ausbau von Krippen und Kindergärten fließen, paktiert wurde das im Rahmen des Finanzausgleichs. Das Paket ist auch für mittelgroße Städte wie St. Pölten bitter nötig, in denen die Kleinkindbetreuung gelinde gesagt ausbaufähig ist. Auch wenn das Paket reichlich spät kommt – die Richtung stimmt.
Das kann man von einem anderen Punkt im Finanzausgleich nicht behaupten. Denn, ja: man kann auch ein- und denselben Fehler immer wieder machen. 
Erneut scheiterte eine Bundesregierung am Endgegner jeglicher Verwaltungsreförmchen: Der Landeshauptleutekonferenz. Die Koaliton aus ÖVP und Grünen wollte den Ländern nur dann mehr Geld zugestehen, wenn sich diese auf verbindliche Reformziele im Gesundheitssys­tem einlassen – inklusive Sanktionsmöglichkeiten.
Ergebnis: Es gibt mehr Geld, aber keine Sanktionen. Eine vergebene Chance. Die Kompetenzen im Gesundheitswesen bleiben weiter zersplittert, ob noch mehr Mittel allein die Lösung sind, darf bezweifelt werden.
In einem dritten Punkt hofft die Regierung ganz offensichtlich auf die Vergesslichkeit des Publikums: Zum x-ten Mal wurde versprochen, alle Förderprogramme von Gemeinden, Ländern und Bund in die berühmte Transparenzdatenbank einzupflegen, um den Subventionsdschungel einzudämmen und Mehrfachförderungen zu verhindern. Wer’s glaubt: Erstmals angekündigt wurde das Projekt vor 13 Jahren.