MFG - IN WAS FÜR EINER STADT LEBEN WIR EIGENTLICH ...
IN WAS FÜR EINER STADT LEBEN WIR EIGENTLICH ...


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

IN WAS FÜR EINER STADT LEBEN WIR EIGENTLICH ...

Ausgabe 09/2023
... in der es seit einigen Jahren – insbesondere im Kulturbereich – unsäglicher Brauch geworden ist, zu „Pressegesprächen“ zu laden, die sich vorort als Selbstbeweihräucherungsevents mit „zwangsrekrutiertem Massenpublikum“ erweisen. Selbiges wird zumeist (bestenfalls!) von Angestellten der einladenden Institution(en) gestellt, der direkte Konnex derselben zum dargebrachten Inhalt erschließt sich nicht immer. Und das zur „Verteidigung“ vorgebrachte „Argument“, dass man sich als Journalist ja auch mit diesen Personen dann beim anschließenden Buffet ungezwungen austauschen könne – ah ja, genau! In Wahrheit werden die herbeibeorderten Mitarbeiter als „menschliches Füllmaterial“ missbraucht, um so überbordendes mediales Interesse vorzutäuschen und dem Präsentierten Gewicht zu verleihen. Geschehen ist dieses „Aufblasen“ zuletzt wieder bei der Pressekonferenz zum „Fest zur Domplatz Eröffnung“, das einem Unwissenden den Eindruck vermitteln musste, St. Pölten hätte eine Mediendichte weit jenseits jener New Yorks. Nur – von den geschätzt 50 anwesenden Zuhörern waren gefühlt  fünf Vertreter der Presse. Und als erstgenannte Gruppe dann gar noch willfährig applaudierte, wurde der Verpackungsschwindel offensichtlich, denn Journalisten sind nicht zum Klatschen und Lobpreisen da, sondern zum Arbeiten und Berichten. 

... in der auch St. Pölten sein sommerliches Gender-Debatterl hatte. Nahm die Bäckerei Hager durchaus mit einem gehörigen Schuss Humor die Steilvorlage der neuen Genderregelung in der niederösterreichischen Kanzleidordnung auf und taufte unter dem Motto „Die Zeiten gendern sich. Unser Brot auch“ das „St. Pöltner“ Brot kurzerhand in „St. Pöltner*In“ Brot um, ruderte man angesichts sozialmedialer Schnappatmung kurz darauf schon wieder zurück und entschuldigte sich: „Wir haben leider Mist gebaut“. Das Resultat: Der nächste Empörungstsunami, diesmal von der „anderen“ Seite. Wobei man ja leidlich darüber diskutieren kann, ob es nicht eher „Mist“ ist, eine neue Sprachregelung zu verordnen, die dem eignen noch 2021 herausgegebenen „Leitfaden geschlechtergerechtes Formulieren“ teils diametral entgegensteht und den Bediensteten bei Zuwiderhandeln gar mit Sanktionen droht. Ganz abgesehen davon, dass in zahlreichen – landesnahen – Einrichtungen gegendersternderlt und gebinnenIt wird, was das Zeug hält. Herzrhythmusstörungen braucht man darob trotzdem keine bekommen, sondern sollte die künstlich aufgebauschten Ersatzkriege als solche durchschauen, die nur von den wirklich wichtigen Fragen ablenken: Ist es im 21. Jahrhundert normal über „Normalität“ zu diskutieren, und was sagt eigentlich die schweigende Mehrheit dazu?

… in der „Birds do it, bees do it, even educated fleas do it …“ Nein, wir reden jetzt nicht von „Let’s fall in love“, sondern vom weniger romantischen Bodenentsiegeln bzw. Begrünen öffentlicher Plätze. Die Tierwelt dient uns hier nur als Platzhalter für Kommunen wie Tulln, Wien oder auch Hafnerbach (!), die in Sachen Platzbegrünung ernst machen. Wobei auch St. Pölten (Stichwort „grüner Loop“) on the way ist – umso widersprüchlicher nimmt sich nach wie vor die reaktionäre Domplatzneugestaltung aus. Dass nach einem Sommer wie diesem Handlungsbedarf besteht, dürfte mittlerweile aber allen Verantwortlichen klar sein. Dies legt nicht nur die neue, offizielle Sprachregelung nahe, demnach der Platz ja quasi noch gar nicht fertig ist, weil ja noch Gastronomie, Kulturprojekte und Möblierung folgen. Ebenso lässt den gelernten St. Pöltner aufhorchen, wenn die Idee einer Oppositionspartei (mobile bepflanzte Würfel) nicht gleich in Bausch und Bogen hinweggefegt wird, sondern aus dem Rathaus ein „wir prüfen das“ zu hören ist. Was man aus einem Provisorium herausholen kann, exerziert aktuell das Museumsquartier Wien vor, wo man fürs Erste auf mobile Grüninseln setzt (s. Bild). Schaut nicht nur hipp aus und sorgt für Wohlfühlstimmung, sondern soll die Umgebungstemperatur um 7–10 Grad senken. Also: Mutig in die neuen Zeiten – Zeit für Domplatz 3.0.