MFG - Fritz, das Goldkehlchen
Fritz, das Goldkehlchen


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Fritz, das Goldkehlchen

Text Thomas Schöpf
Ausgabe 12/2008

Aus dem St. Pöltner Fußball ist er nicht wegzudenken: Fritz Dibidanzl. Seit über 30 Jahren moderiert er Spiele, früher auf der Rennbahn, nun auf dem Voith-Platz. Spieler und Vorstände gehen, am Mikro ist immer der gleiche!

Unser Gespräch am Voith-Platz dauerte etwas über 90 Minuten. Es gab ein paar Unterbrechungen. Fritz Dibidanzl (60) konnte nicht tatenlos zusehen, als Alois die Sponsor-Tafeln von der Mixed-Zone abmontierte: „Der fällt mir sonst noch von der Leiter runter“, meinte er lächelnd und packte mit an. Dann wusste der Herr von Kabelsignal nicht, wohin mit den Leitungen für den neuen Internet-Anschluss. Dibidanzl klärte auf. Und so gegen Mitte der zweiten Hälfte unseres Plausches wollte plötzlich jemand Lautsprecher-Boxen abholen, die aber schon eingesperrt waren. Von den zuständigen Leuten war keiner mehr da. Was also tun? Dibidanzl griff kurzerhand zum Handy - und der Fall war erledigt.
„Ich kümmere mich halt seit dem Aufstieg nebenbei ein bisschen um die Infrastruktur“, erwähnt er beiläufig. Schließlich sei er „eh fast immer da“. Überhaupt jetzt als Pensionist, der nur einen Tormann-Ausschuss vom Voith-Platz entfernt in der Josefstraße wohnt.

Mikromann
Offiziell hat Dibidanzl beim SKNV St. Pölten lediglich die Funktion des Platzsprechers inne. Diese ehrenamtliche Tätigkeit übt er seit über 30 Jahren aus. Begonnen hat alles nach einem tödlichen Ski-Unfall eines Kollegen vom Finanzamt. „Ihm zu Ehren haben wir ein Fußballturnier in der Jahnturnhalle organisiert und ich hab halt dann den Sprecher gemacht“, erinnert er sich zurück. Ludwig Mohr aus dem Vorstand von ASK Schwarze Elf gefiel Dibidanzls Moderation so gut, dass er ihn sofort zum Verein holte. Seither greift der Fritz an allen Spieltagen zum Mikro. Sei es für VSE, FCN, den SKNV St. Pölten oder zwischendurch auch mal für den SV Stattersdorf. Dort hat er in jungen Jahren nämlich selber gekickt. „Für die Reserve hat es gerade gereicht. Sie haben mich dann immer links außen spielen lassen, wo man am wenigsten anrichten kann“, kann sich Dibidanzl ein schelmisches Lachen nicht verkneifen.


Keine „Fouls“
Als Sprecher hat er in seiner langen Laufbahn wenig Schlimmes angerichtet. Wegen eines Fauxpas ziehen ihn seine Freunde aber nach wie vor auf: In der Regionalliga-Zeit des VSE St. Pölten hatte er beim Ansagen noch vom Platz weg ins Sekretariat laufen müssen, weil dort das Mikrophon fest montiert war. Nachdem Josef Mazura die Wölfe einmal in Führung geschossen hatte, stürmte Dibidanzl also in die Stube und brüllte inbrünstig „Tooorschützeee die Nummer Neun, András Hooodiii!“ Als er wieder raus kam, kriegte Dibidanzl dann zu hören: „Was is mit dir los? Der spült ja gar net!“ Die Nummer war richtig, aber der Zettel falsch – es war noch die Aufstellung der Reserve-Teams von der er runter gelesen hatte.
Ein vergleichsweise harmloser Lapsus freilich zu dem eines anderen Sprechers am Voith-Platz, der einmal bei der Ankündigung einer Trauerminute zwei Namen verwechselte und versehentlich Stadtrat Hans Kocevar „sterben ließ“. So ein lautes Gemurmel wie damals hat es bei einer Gedenkminute wohl noch selten gegeben…  
Nicht nur deswegen gab es zu dieser Zeit
bei den „VSE-Senioren“ Bestrebungen, ihren Fritz mittels Unterschriftenliste zum Verein zurück zu holen. Das war dann aber doch nicht notwendig.

Goldene Stimme
Dass er von seinem Fach was versteht, beweisen nicht nur immer wieder hereinflatternde andere Aufträge wie zum Beispiel Moderationen für diverse Reisebüros oder die Stadtgemeinde beim Schaukochen oder beim Nightshopping, sondern auch persönliche Wertschätzungen. Mario Feurer etwa, Sohn des legendären Rapid-Goalies „Funki“ Feurer, hat ihm einmal ein Buch vom Papa („Rapid-Wuchteln“) gebracht mit der Widmung „der goldenen Stimme von St. Pölten.“ Das sind Aufmerksamkeiten, über die sich Dibidanzl besonders freut: „Meine Motivation ist, dass es mir immer noch Spaß macht und dass ich viel mit Leuten zu tun habe, vor allem mit jungen!“
Natürlich steht seine Familie voll hinter seiner Fußballleidenschaft, wie Dibidanzl nicht ohne Stolz erzählt. Gattin Renate hat unter anderem in der Kantine mitgeholfen, ist ebenso Fan wie Tochter Doris, die sich einst einen VSE-Pullover gestrickt hat. Sohn Gerald wiederum kickte selbst im Nachwuchs des VSE, unter Jugendleiter – richtig – Fritz Dibidanzl. Da er beim Aufbau der Fußballschule mitgeholfen hatte, war das dann auch irgendwie nahe liegend.

Anekdoten
Seine schönsten Erinnerungen sind gar nicht unbedingt die an die größten sportlichen Erfolge. „Eine Gaudi haben wir zum Beispiel gehabt, wie der Brasilianer Bruno Ferretti in Innsbruck erstmals in seinem Leben Schnee gesehen hat und ganz zögerlich rein gegriffen hat.
Oder wie sich Carlos Silva auf der Heimfahrt von Lustenau im Bus plötzlich eine Schürze umgebunden hat und auf Kellner gemacht
hat“, schmunzelt Dibidanzl in Erinnerungen schwelgend.
Zu seinen persönlichen Highlights zählt er auch Interviews vor Spielbeginn wie etwa mit dem legendären Ernst Happel (dank dessen Kontakte Dibidanzl sogar einmal ein Testspiel gegen den belgischen Kultklub FC Brügge organisierte!) oder Paul Breitner, als der gerade Sportdirektor bei der Vienna war. Schön sei die Zeit mit Trainern wie Thomas Parits, Hubert Baumgartner oder Walter Skocik gewesen: „Der Schani, das war halt noch ein Sir.“  
Ein Spiel versäumt hat Dibidanzl noch nie. „Einmal war ich krank. Aber genau in der Runde hatten wir spielfrei. Gott sei Dank!“