MFG - Ecstatic Dance - Tanzen pur
Ecstatic Dance - Tanzen pur


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Ecstatic Dance - Tanzen pur

Text Andreas Reichebner
Ausgabe 03/2023

In vielen Städten der Welt hat sich Ecstatic Dance schon etabliert. In St. Pölten bieten Susan Raven und Jörg Eigenbauer diese Tanz-Bewegung, die sich auf die Suche nach losgelöster Ekstase im Tanz begibt, seit fünf Jahren an. Obwohl jedes Tanzevent durch bestimmte Richtlinien Ritualcharakter hat, sehen sie sich dabei aber keinesfalls als esoterische Hippie-Tanzgruppe.

In jungen Jahren tanzte sich der St. Pöltner Jörg Eigenbauer durch die Clubs und Diskotheken. Nicht selten war dabei auch das eine oder andere Rauschmittel mit im Spiel. „Damals erlebte ich auch viel Ekstase, aber in dieser Form ist es für mich nicht mehr vorstellbar, denn im Grunde war es ein Entfliehen vor den Alltagsproblemen“, erinnert sich Jörg Eigenbauer zurück. Ähnlich ist es auch seiner Partnerin Susan „Raven“ ergangen. In der Club-Szene in Frankfurt am Main unterwegs, war es für die gebürtige Ostdeutsche als Frau immer auch ein Problem, sich in diesem Raum „austanzen“ zu können. Permanente männliche Beobachtung und ständige „Antanz-Situationen“ im Club-Setting schränken gerade Frauen in ihrer Lust zu tanzen ein. „Bei Ecstatic Dance habe nicht nur ich einen sicheren Rahmen, mich auszuleben“, sagt Susan, die in St. Pölten auf Jörg und diese Tanzbewegung gestoßen ist. Seitdem arbeitet Jörg Eigenbauer, ausgebildeter Sozialarbeiter und Körper- & Bewusstseinscoach, gemeinsam mit Susan Meier-Preuß, ausgebildete Kundalini-Yoga-Lehrerin, systemisch integrative Sozialtherapeutin und Tanzpädagogin, am Projekt Ecstatic Dance St. Pölten.
Tanzraum für alle
„Es ist uns wichtig, einen Raum zu eröffnen, in dem sich Menschen jeden Alters und jeden Hintergrundes möglichst ungezwungen, vorurteilsfrei und barrierefrei bewegen können“, umreißen die beiden ihre Tanzrituale. „Tanzen ist nicht die Flucht aus dem Alltag, sondern alles, was ich dabei erlebe, in den Alltag mitzunehmen“, so Susan. „Tanz es, zeig es“, pflichtet ihr Jörg bei, „wir sind dabei auf der Suche nach ganz neuen Tanzbewegungen, die einen vielleicht selbst überraschen. Technisch kann es alles oder nichts sein, vom Herumkugeln bis zu komplexeren, ekstatischen Moves.“ Ein Tanzevent ist von einigen Richtlinien bestimmt, die drei wichtigsten sind: kein Sprechen am Dancefloor – um weniger im Kopf und mehr im Körper zu sein, den eigenen Raum und den der anderen achten, kein Alkohol und keine Drogen.
Ecstatic Dance hat Ritualcharakter, einen fixen Aufbau, der Sicherheit geben soll. „Zuerst erfolgt der Einlass, da wird dekoriert oder geräuchert, danach das Ankommen in Stille mit meditativer, sphärischer Musik. Im Anfangskreis erkläre ich das Thema des Abends. Bei der 10-15-minütigen Tanzeinführung kommt es darauf an, sich über das Atmen führen zu lassen, das Thema über die Bewegung zu erfassen. Dann übernimmt der DJ-Act und bevor es zum Abschlusskreis kommt, gibt es ein Soundhealing mit Live-Musik, etwa von Harfenklängen“, gibt Jörg Einblick in die Vorgangsweise.
„Into the wild“ wird das Thema des nächsten Abends am 12. März sein. „Hier wird es nicht nur um das Wilde, Ungezähmte gehen, sondern auch um Naturverbundenes, das auch ganz zart sein kann“, erzählt Jörg, „denn im Ecstatic Dance geht es auch um etwas Uraltes, das etwa im Kult um Dionysos oder bei den Maoris ausgelebt wurde.“ Die Idee, den Verstand, die Kontrolle auszuschalten, auf Augenhöhe mit Seele und Körper zu sein.
Basiert auf drei Säulen
Auf drei Säulen basiert die Tanzbewegung in St. Pölten: Auf Indoor-Events im Saal der Begegnung im Gewerkschaftshaus, wo 120 mittanzende Menschen keine Seltenheit sind; auf Open-Air-Tanz mit einer „fetten Soundanlage“, wo im Schnitt an die 70-80 Menschen tanzen; und auf Silent Ecstatic Dance mit Kopfhörern, z. B. im Sparkassen-Park oder Domgarten. „Wir wollen das in die Stadt hineinbringen, mitten in die Gesellschaft tanzen, sichtbarer werden“, so die beiden im Gleichklang. Besonderen Wert legt man auf den offenen Zugang. Jung und Alt, arm oder reich, männlich, weiblich, divers, aus den unterschiedlichsten Kultur- und Sprachkreisen, bei Ecstatic Dance ist jeder Mensch gern gesehen. „Wir kooperieren mit dem Büro für Diversität, werden gefördert, um mit freien Spenden einen niederschwelligen Zugang zu unserem, auch sozialen Projekt zu ermöglichen.“
Mittlerweile hat sich eine starke Community gebildet. „Das Schönste ist, wenn nach einem Ecstatic Dance-Event, Menschen mit dem Gefühl heimgehen, dass etwas beim gemeinsamen Tanzen miteinander entstanden ist, wenn man neue Leute kennengelernt hat und es mehr als ein Auspowern war“, freuen sich Susan und Jörg über jeden gelungenen Tanzabend, der bewusst früh, meist um 16.30 Uhr beginnt und um 20 Uhr endet.
Wenn sie also demnächst einer Gruppe von Menschen, die sich auf dem Weg zur Tanzekstase befindet, begegnen, schütteln sie nicht den Kopf, denn sie gehören zu einer Tanz-Community, die gegenseitig auf sich schaut, keinen Unterschied zwischen Menschen macht und sicheren Raum gibt.

INFO
Ecstatic Dance-Abend
„Into the wild“

12. März (16.30 bis 20 Uhr)
mit DJ Bramaji und Soundhealerin Antonia Dosti, Harfe
Saal der Begegnung,
St. Pölten, Gewerkschaftsplatz 2