MFG - „Wir sind jetzt an einem besseren Ort!“
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MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

„Wir sind jetzt an einem besseren Ort!“

Text Thomas Winkelmüller
Ausgabe 02/2018

Eine Plattensammlung von Jazz bis Bee Gees und ein Jesusbild auf der Toilette: So kann die erste Wohnung ausschauen, muss sie aber nicht. Ein How-to-Wien von Exil-St. Pöltnern für alle, die es werden wollen.

Arbeit, Ausbildung oder Abwechslung. Es gibt verschiedene Gründe für St. Pöltner ins doch recht nahe Wien zu ziehen. Da ein Haus für die meisten Berufstätigen, und für Studenten sowieso, wegfällt, wird der Umzug wohl in einer Wohnung enden. Wie gelingt die Neuansiedelung nun am besten? Auf diversen Internetseiten, bei den zuständigen Behörden oder der Mietervereinigung kann man nachfragen und sich informieren, es gibt aber noch einen anderen, direkteren Weg: Leute fragen, die einen solchen Umzug eben erst hinter sich haben.
Andreas, Otto, Vadim, Patrick und Elias leben zu fünft in einer Währinger Altbau-WG und studieren, der eine mit mehr Engagement, der andere mit etwas weniger. Alle fünf kommen aus St. Pölten-Umgebung und waren schon vor ihrem Zusammenzug befreundet, weshalb sie sich dementsprechend gut in ihrem neuen Zuhause verstehen. „Damit hatten wir rückblickend betrachtet Glück“, meinen sie, „man kann mit seinen Mitbewohnern auch ganz schön danebenhauen.“ Warum sie nach Wien ziehen wollen, das wissen die meisten, ob allerdings alleine oder mit anderen, das ist eine Entscheidung, die wohl überlegt sein sollte. Den fünf wurde St. Pölten schlichtweg zu langweilig, gleich zusammenzuziehen sei dann die naheliegende Lösung gewesen.
Money, get away
Wenn das “warum“ und das “mit wem“ einmal geklärt ist, kann die Suche nach der Wohnung losgehen. Leistbar sollte sie sein und zwar nicht nur für die ersten drei Monate. Gerade die Finanzierung spielt eine der größten Rollen, vor allem in einer WG. Die fünf St. Pöltner haben ein gemeinsames Konto eröffnet, auf das sie monatlich ihre Miete einzahlen. Das funktioniert soweit gut, auch wenn sie nicht immer die Pünktlichsten sind. Die schwierigere Frage: Wie finanziere ich mein neues Zuhause? Wenn Familie und Beihilfen nicht reichen, wird niemand an einem Nebenjob während des Studiums vorbeikommen. Patrick gibt Gitarrenunterricht, Elias ist IT-Entwickler und Vadim arbeitet in einem Getränkelager, jeder hat sich eine Einnahmequelle gefunden.
Stichwort „finden“ – zurück zur Wohnungssuche. Drei Monate haben sie im Internet recherchiert und Zeitungsannoncen studiert, bis sie ihre heutige Wohnung entdeckt haben. Zu fünft war das gar nicht so einfach, leistbare Wohnungen mit fünf Schlafzimmern sind nicht leicht zu finden. Um für jeden einen eigenen Raum zu haben, mussten sie sogar eine neue Wand einziehen, um eines der Zimmer zu teilen – mit dem Ergebnis, dass im einen der Lichtschalter ist und im anderen die Lampe. Patrick kontrolliert jetzt, ob Andreas Licht hat oder nicht.
Wenn die Wohnung mit richtiger Lage und leistbarem Preis gefunden ist, heißt es in den meisten Fällen ab zur Besichtigung mit dem Makler. Dabei gilt es freundlich, aber bestimmt zu sein. Ein weiterer Tipp ist es nicht alleine zu erscheinen, vier Augen sehen mehr als zwei. Wenn die Ausstattung der Wohnung passt, geht es daran einen befristeten oder unbefristeten Mietvertrag abzuschließen. Die fünf Exil-St. Pöltner haben einen befristeten Kontrakt auf fünf Jahre abgeschlossen, bei der Unterzeichnung zahlten sie dann noch zwei Bruttomieten Maklerprovision und zwei Kaution, danach gehörte ihnen die WG.
Kaffeemaschine, Kopfhörer und Staubsauger
Eine Wohnung zu haben ist schön und gut, ohne Einrichtung wird es nur etwas ungemütlich. „Wir haben uns einen Umzugswagen gemietet und sind zusätzlich mit den Autos gefahren,“ erzählen die fünf. Das Sofa, auf dem sie gerade sitzen, haben sie bei den Emmaus Altwaren um zehn Euro bekommen, die meisten anderen Möbel gemeinsam am Dachboden eines Freundes ein Monat lang renoviert. Mittlerweile dekorieren eigene Fotos und Zeichnungen, alte Emmaus Bilder und 40 Jahre alte Karten aus dem Gymnasium Josefstraße die Wände. Was sie wirklich für jede Wohnung empfehlen können? „Eine ordentliche Kaffeemaschine, schalldichte Kopfhörer und ein Staubsauger, der auch wirklich saugt“, meinen die fünf und sprechen dabei aus Erfahrung. Eine Kasse für gemeinsame Ausgaben sei genauso sinnvoll. Selber kommen sie jeweils mit rund 100 Euro für Essen im Monat einigermaßen aus: „Wenn du einmal in der Woche zum Hofer gehst und im Abverkauf Großpackungen einkaufst und nicht wie ein König speist, wird’s dir essenstechnisch an nichts fehlen.“
Ab dann heißt es Miete zahlen und lernen in einer Großstadt zu leben, vor allem es zu genießen. Alle fünf sind Musikliebhaber und gehen gerne auf Konzerte, einmal in der Woche zumindest, und was Livemusik angeht, schaue es in St. Pölten doch etwas mager aus: „Was gibt’s denn für ein Abendangebot für Jugendliche? Du kannst dich am Abend in der Stadt ansaufen, ins Warehouse, aber nach fünf Jahren hängt einem das auch beim Hals raus, und ins LaBoom sollte man sowieso aus Prinzip nicht gehen!“ Die Grundaussage kann auf fast jede Aktivität ausgelegt werden: In Wien ist das Angebot einfach größer. In dieser Hinsicht sind sich die fünf einig: „Im Moment vermissen wir STP nicht so, wir sind jetzt an einem besseren Ort.“

Checkpoints für die erste eigene Wohnung
1. Überleg dir gut, wonach du suchst und wie du deine Wohnung finanzieren willst!
2. Geh nicht alleine zur Wohnungsbesichtigung, sondern nimm dir eine Vertrauensperson mit!
3. Überprüfe bei der Gewerbebehörde, ob dein Makler auch eine Konzession besitzt!
4. Besichtige die Wohnung öfter und erkundige dich gut über sie!
5. Bevor du den Mietvertrag unterschreibst, überleg gut, ob du die Wohnung wirklich willst, denn ein Rücktritt von dem Vertrag kann mit Kosten verbunden sein!
6. Verlange zur Vorsicht Kopien vom Mietertrag und anderen Übereinkünften schriftlich vom Vermieter!
7. Wenn du für deinen Mietvertrag weitere Bedingungen hast, füge die im Vertrag hinzu!
8. Ein Makler darf seine Provision erst bekommen, wenn der Vertrag abgeschlossen ist. Makler, die Vorschüsse verlangen, solltest du meiden.
9. Rechne die Höhe der Provision nach, sie darf nicht mehr als zwei Bruttomonatsmieten betragen.
10.Such dir Hilfe, wenn es zu kompliziert wird! Die Mietvereinigung Österreich kann hilfreich sein