MFG - Teufelsgitarrist wechselt die Seiten…
Teufelsgitarrist wechselt die Seiten…


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Teufelsgitarrist wechselt die Seiten…

Text Michael Reibnagel
Ausgabe 04/2016

Wenn man in St. Pölten die Ausdrücke Saitenvirtuose oder Gitarrenzauberer hört, kommt man an einem Namen nicht vorbei: Johannes Maria Knoll. Dieser ist seit vielen Jahren oder besser Jahrzehnten nicht mehr aus der St. Pöltner Musikszene wegzudenken. Derzeit arbeitet er an seinem ersten instrumentalen Gitarrenalbum.

Geboren wurde Johannes Maria Knoll 1974 in St. Pölten. Seine erste Gitarre bekam er 1982 im zarten Alter von acht Jahren. Mit dieser einher gingen auch die ersten Gitarrenstunden bei einer, wie er sagt „scheiß Lehrerin“. Aufgrund der Apathie gegenüber der Lehrerin hörte Knoll bald wieder auf, Unterricht zu nehmen, die Gitarre landete in der Ecke. Glücklicherweise kam Johannes Maria aufgrund der Fernsehserie „Waltons“ aber wieder auf den Geschmack und wurde ab 1985 auch wieder unterrichtet: Fortan vom, wie er selbst sagt, großartigen Ingo Schleicher-Atanassoff. Im Alter von 13 folgte dann die erste Band und ab 1988, also mit 14, die erste „richtige“ Kombo mit regelmäßigen Proben und ersten Auftritten.
Unzählige Engagements in unzähligen Bands und Projekten folgten. Musikalisch ließ sich der St. Pöltner Teufelsgitarrist – wie Johannes Maria Knoll bald genannt wurde – nie in eine Schublade stecken. Er ist im Rock und Metal ebenso zu Hause wie im Reggae und liebt es einfach live zu spielen. „Jazz werd ich nie spielen, weil das kann ich nicht“, fügt er jedoch hinzu.
Dass ein Musiker vom Kaliber Knolls in zahlreichen erfolgreichen Bands samt Radio-Airplay und Chart­erfolgen spielte, liegt auch auf der Hand. „Airplay hatten wir unter anderem mit Double Six, Nameless, Roots Vibration und The (Frisbee) Flakes. Als die erfolgreichste Band kann man aber sicher House Of Riddim bezeichnen“. Während seiner Zeit bei House Of Riddim konnte Knoll mit einigen international bekannten Acts arbeiten. Die Liste seiner Veröffentlichungen auf seiner Website liest sich dabei wie das Who-Is-Who der Reggaeszene: Gentleman, Mono & Nikitaman, Uwe Banton, D-Flame, Yah Meek, Mellow Mark und viele weitere sind da zu finden. Den St. Pöltner Reggaemusiker Lukascher begleitet er schon von Beginn an und ist auch auf seinen drei bisherigen Alben zu hören. Einige seiner Arbeiten sind auch prämiert worden, so hat Knoll mit Irieparthie den Amadeus Award und mit Mesajah feat. Kamil Bednarek eine goldene Schallplatte in Polen gewonnen. Aber auch als Songwriter wurde er prämiert, und zwar mit dem Goldenen Werbehahn 2009 für einen Imagefilm der Stadt St. Pölten, wo er die Musik beisteuerte. Der Youngster Of Arts Anerkennungspreis gehört für einen St. Pöltner Künstler seines Kalibers sowieso quasi dazu.
JMK auf Solopfaden
Obwohl beim Reggae die Gitarre eine eher sekundäre Rolle spielt, schafft Knoll es jeder Aufnahme seinen persönlichen Stempel aufzudrücken. Denn eines darf man nicht außer Acht lassen: Johannes Maria Knoll ist ein Leadgitarrist und – wie sollte es anders sein – gitarrenlastige Rockmusik seine Leidenschaft. Dies hört man vor allem in seinen eigenen Songs und Projekten. Zuletzt mit „D’Fiyahware“. Um dieser Leidenschaft eine Krone aufzusetzen, erscheint heuer sein erstes richtiges Soloalbum. „Erstmals kümmere ich mich um alles selbst und hab somit alle Freiheiten“, erzählt Knoll. In seinem Studio macht er alle Songs quasi fix und fertig – nicht nur die Gitarren werden dabei erstmals aufgenommen, sondern auch die Basslines werden eingespielt und die Schlagzeugtracks komplett von ihm programmiert. Am Ende entstehen dann fertige Playbacks mit denen er und seine Mitmusiker ins Studio gehen.
Als Produzenten hat sich Knoll Chris Scheidl ins Boot geholt. Aufgenommen wird in dessen Most Production Studio in Pyhra. „Chris ist einfach super“, schwärmt er, „die Liste von Leuten, mit denen er schon gearbeitet hat, spricht für sich.“ Darauf finden sich unter anderem Bluatschink, Kurt Ostbahn, Austria 3, Georg Danzer, Rainhard Fendrich, Roland Düringer und viele andere große Namen. Indirekt ist es durch Chris Scheidl dann auch zu einer ganz besonderen Zusammenarbeit gekommen. Die Schlagzeugtracks wurden nämlich von niemand Geringeren als Christian Eigner eingespielt. Dieser spielte unter anderem schon für Kurt Ostbahn und ist, vor allem international, als Live-Schlagzeuger der weltberühmten britischen Synth-Rock-Gruppe Depeche Mode bekannt.
Arbeit mit den Besten
„Eigentlich wollte ich Martin Scheer als Drummer haben“, erzählt Knoll. Da dieser aber aufgrund anderer Verpflichtungen nicht verfügbar war, hat Scheidl auf Eigner verwiesen, weil dieser „grad da ist“. Nach anfänglicher Skepsis wurde entschieden, es zu probieren. „Es war vermutlich Schicksal, denn am Abend hab ich auf irgendeinem Sender Depeche Mode live in irgendwo gesehen“, erinnert sich Knoll schmunzelnd. Und es war definitiv kein Fehler, sich auf die Zusammenarbeit einzulassen. Nachdem Christian Eigner kurz in das vorhandene Material hineingehört hatte, war das Schlagzeug auch fast schon wieder im Kasten. „Er ist es wie ein Album angegangen und hat alle Tracks in einem Durchgang aufgenommen. Es war eine super Zusammenarbeit und der Christian ist ein lieber Typ“, verrät Knoll. Außerdem natürlich ein Vollprofi auf höchstem Niveau, der von Anfang an genau weiß, was wie gespielt werden muss.
Auch beim Bass wurden keine Kompromisse eingegangen, und so holte sich Knoll seinen langjährigen Mitstreiter Gerald Schaffhauser ins Studio. Ebenfalls ein Profi, der in der Oberliga spielt und innerhalb von nur zwei Tagen 17 Songs einspielte. Alles in allem wurde im Studio somit das Maximum herausgeholt.
Doch was erwartet nun die Hörer auf dem Album, das den Namen „transcended“ trägt und im Juni erscheinen soll? Es wird ein rein instrumentales Gitarrenalbum sein, bei dem 70% der Songs schon einmal gesungen worden sind, aber diesmal die Gitarre zur Stimme wird. Es ist außerdem – und das überrascht wohl einige „mein persönlicher Versuch eines Soundtracks der Bibel. Und zwar mit all ihren Grausamkeiten und Facetten. Nicht nur schwarz und weiß.“ Durch das Leben und diverse Schicksalsschläge hat Knoll zu Gott gefunden und wurde zu einem gläubigen Menschen, der klar Glaube und Kirche trennt. Man kann von einer Wandlung vom Saulus zum Paulus sprechen und sagen, dass der ehemalige Teufelsgitarrist die Seiten gewechselt hat. Durch seinen neu entdeckten Glauben hat Knoll auch seine Ruhe gefunden, wobei er klarstellt: „Innere Einkehr muss nicht immer still sein“ und das wird man auf „transcended“ ordentlich zu spüren bekommen.