MFG - Sind aller guten Dinge wirklich drei?
Sind aller guten Dinge wirklich drei?


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Sind aller guten Dinge wirklich drei?

Text Thomas Schöpf
Ausgabe 06/2014

In der Premieren-Saison pilgerten durchschnittlich 3.000 Besucher zu den Meisterschaftsspielen des SKN St. Pölten in die NV Arena. In der vergangenen Spielzeit wollten nur mehr 2.300 die Ligaspiele der Wölfe sehen, obwohl die im Cup so bissig und erfolgreich wie nie waren. Im dritten Jahr erwartet die Spieler ein Europacup-Abenteuer und mit Herbert Gager der dritte Trainer. Der große Hoffnungsträger ist ein spanischer Heimkehrer, Daniel Lucas Segovia, der als Mittelstürmer in der Bundesliga in eineinhalb Jahren drei Tore erzielte.

Nur noch wenige Tage, dann weiß man beim SKN St. Pölten, mit wem man es im Europacup zu tun bekommt. Am 23. Juni ist Lostag. Der europäische Fußballverband UEFA zieht im schweizerischen Nyon (CH) die Kugeln. Der SKN St. Pölten nimmt sein Abenteuer von der 2. Qualifikationsrunde der Europa League aus in Angriff.
Die Vorgänger-Vereine FCN St. Pölten und VSE St. Pölten schafften es nie nach Europa. Im ÖFB-Cup waren die „Wölfe“ zuvor nicht einmal ins Halbfinale vorgedrungen und in der Bundesliga war es nur einmal halbwegs knapp: 1989/1990 waren Granden wie Mario Kempes, Rudi Steinbauer, Leopold Rotter, Hans-Peter Frühwirth, Ernst Ogris und Co. bis drei Runden vor Schluss des Oberen Playoffs noch im EC-Rennen. Dann aber setzte es eine 3:6-Klatsche bei Rapid mit einem Andreas Herzog in Überform, und das Rennen war gelaufen. Österreichs Europacup-Vertreter hießen letztlich FC Tirol (Meister), Austria (Cupsieger); Rapid und die Admira qualifizierten sich über die Playoff-Plätze drei und vier.
Auf den Spuren von Stockerau und Krems
Admira war in den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten im Europacup fast Stammgast. Ansonsten entsandte der nieder­österreichische Verband NÖFV kaum Vertreter nach Europa. Legendäre Ausnahmen waren der SV Stockerau 1991 und der Kremser SC 1988. Beide holten sich die Tickets mit überraschenden Cuptriumphen. Die Stockerauer fertigten unter Willi Kreuz im Finale im Praterstadion als Zweitligist Rapid 2:1 ab, was Hans Krankl den Trainerjob bei den Hütteldorfern kostete. Krems bezwang unter Ernst Weber den FC Tirol, unter Ernst Happel sogar in Hin- und Rückspiel (2:0, 1:3) aufgrund der Auswärtstorregel.
Im Europacup sind zwar beide Teams gleich ausgeschieden, aber erlebt haben sie schon etwas. Die Stockerauer durften sich mit dem englischen Spitzenklub Tottenham Hotspur vergleichen, verloren sowohl daheim als auch auswärts knapp mit 0:1. Für die Spurs stürmte damals u.a. ein gewisser Gary Linker, mehrfacher englischer Schützenkönig und auch Torschützenkönig bei der WM 1986. In England waren sie über den Gegner eher weniger informiert. Manche Medien wussten damals nicht einmal, wer der Sponsor und was die Stadt des Gegners ist und berichteten von einem Erfolg der Spurs über die Sparkasse.
Der Kremser SC bekam es (dann unter Karl Daxbacher) mit Carl Zeiss Jena zu tun und unterlag auswärts schon 0:5. Im Rückspiel in der Wachau feierten die Kremser einen 1:0-Sieg im Sepp-Doll-Stadion. Anschließend kursierten Gerüchte, wonach die Ostdeutschen deswegen so saft- und kraftlos gewesen sein sollen, weil sie beim überraschenden Freigang zuvor erstmals eine Erwachsenen-Videothek erspäht hatten ...
Wie kehrt der neue Besen
Wie die Kremser werden auch die SKNler den Europacup mit einem neuen Trainer in Angriff nehmen. Cup-Mastermind Gerald Baumgartner ist zu Austria Wien gewechselt und quasi im Tausch (mit Aufpreis für die Austria) kam Herbert Gager nach St. Pölten. Für Gager ein logischer Karriereschritt. Bei den Wienern hätte er nach der verpassten Europacup-Qualifikation wieder ins zweite Glied zurück rücken müssen, und beim SKN ist er der Chef. Bevor er bei der Austria mit der Kampfmannschaft „scheiterte“, ließ er mit diversen Nachwuchsteams bei den „Violetten“ immer wieder aufhorchen und kam zuletzt mit der U18-Auswahl in der Youth League (dem Pendant der Champions League) bis ins Achtelfinale. Außerdem hatte Gager in seiner Zeit als Nachwuchs-Betreuer auch schon Spieler wie David Alaba und Aleksandar Dragovic unter seinen Fittichen.  Dass Gager bei der Ausbildung Alabas nicht viel falsch gemacht haben dürfte, zeigen neben dessen sportlicher Entwicklung auch die Tatsachen, dass der Bayern-München-Star im Rahmen seiner Wien-Besuche gelegentlich beim Austria-Nachwuchstraining mitkickte, sowie, dass Alaba Gager und dessen Sohn Manuel zum Champions-League-Finale 2013 nach München einlud.
Junge Spieler hat Gager beim SKN ja genug auszubilden, denn „Leitwölfe“ wie Jano, Andreas Dober oder Mirnel Sadovic haben sich allesamt schon davon gestohlen, als der Abschied von Baumgartner noch gar nicht festgestanden war. Gager hat das „Gefühl, dass hier etwas im Entstehen ist. Ich gehe jetzt mit vollem Elan an diese neue Aufgabe heran.“ Er freut sich auch auf die Erste Liga: „Es wird eine tolle Liga, mit tollen Klubs, einem spannenden, engen Titelkampf und vielen, vielen Zuschauern.“ Mit dem LASK (österreichischer Meister 1931 und 1965) und dem FAC (Meister 1918) sind zwei Traditionsklubs aus der Regionalliga Mitte bzw. Regionalliga Ost aufgestiegen und mit FC Wacker Innsbruck (zehnfacher Meister seit 1971) ein nicht minder namhafter Klub aus der Bundesliga abgestiegen.
Zuschauer-Rückgang
In der Zuschauer-Bilanz ist der SKN ja in der zweiten Saison in der NV Arena mächtig abgesackt. Pilgerten in der Premieren-Saison noch fast 3.000 Besucher durchschnittlich zu den Meisterschafts-Heimspielen, waren es in der vergangenen Spielzeit trotz der Cup-Euphorie gerade mal 2.300 Zuschauer. Zum letzten Heimspiel gegen FC Liefering kamen trotz Lockangeboten wie fünf Euro Eintritt und Freibier gerade mal 2.040. Bei den Auswärtsspielen ist der SKN sogar Liga-Schlusslicht! Kein Gast lockt so wenig Zuschauer ins Stadion wie der SKN, nämlich 1.518. Nicht einmal der Red-Bull-Ableger FC Liefering (1.560) oder der vermeintliche „Dorfklub“ Horn (1.592). Allerdings war der SKN in der Meisterschaft im Frühjahr wieder nur mehr Mittelmaß und landete in der Tabelle auf Platz fünf, direkt hinter Horn.
Der verlorene Sohn ist zurück
Ein großer Hoffnungsträger ist Daniel Lucas Segovia, der vom Wolfsberger AC verpflichtet wurde. Er ist der erste große Heimkehrer des SKN St. Pölten. Unter Trainer Martin Scherb kam der lange Stürmer hier auf 48 Liga-Einsätze und 29 Tore für den SKN. Eine Quote die ihresgleichen sucht. Allerdings geriet der Spanier in der Bundesliga bei Admira und beim WAC nie in Torlaune und konnte in insgesamt 33 Spielen gerade drei Mal anschreiben. Was auch an Trainer Didi Kühbauer gelegen haben könnte. Jener hatte ihn bei Admira aussortiert gehabt und unterschrieb kurze Zeit nach Segovia selbst urplötzlich beim Wolfsberger AC. Dumm gelaufen.
Der Spanier ist überhaupt ein Sinnbild für die sogenannte „Heute für Morgen“-Liga. In seiner Heimat hatte er es nie zum Profi geschafft. Beim SKN gelang ihm mit 26 Jahren der Durchbruch. Jano kam überhaupt aus der (in 18 Provinzen aufgeteilten) vierten Liga Spaniens und avancierte in der zweiten österreichischen Liga zu einem der besten Spieler; was er auch eindrucksvoll in den Cup-Schlachten gegen Sturm und Salzburg bewies. Seine Freundin ist jedoch ein international gefragtes Model und hätte maximal noch Wien als zeitweiligen Wohnort akzeptiert. Auf ein paar Euro mehr waren beide nicht angewiesen und die ein bis zwei Europacupspiele in potenziellen Ländern wie Aserbaidschan, Rumänien oder Ungarn werden beiden wohl relativ egal gewesen sein.