MFG - Wenn der Tezcan zum Egon wird
Wenn der Tezcan zum Egon wird


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St. Pöltens gute Seite

Wenn der Tezcan zum Egon wird

Ausgabe 11/2005

Seit dreieinhalb Jahren führt Teczan Soylu das EGON in der Fuhrmannsgasse. Wir plauderten mit ihm über Up and Downs, Subventionspolitik und seine Vision für den Jazzherbst.

Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Entwicklung des EGON?
Die Anfangsphase war sehr stark, dann kam ein Einbruch, seit einigen Monaten geht es wieder bergauf. Prinzipiell war es nicht immer leicht, auch weil ich mich in meiner Anfangseuphorie ein bisschen übernommen hab. Allein im ersten Jahr hab ich 25.000 Euro rein in die Kultur investiert, alles aus eigener Tasche. Wir haben aber jetzt intern die Strukturen umgestellt, das hat sich bewährt. War die Gründung des Vereins „Fuhrmannshof“, der ja hinter dem Jazzherbst steht, bewusstes Kalkül, um an Subventionen zu kommen?
Es ging darum, das gesamte Prozedere zu vereinfachen, was Behördenwege betrifft, Subventionen etc., aber vor allem auch, um die Gemeinnützigkeit der Kulturaktivitäten stärker zu dokumentieren. Außerdem wollte ich eine strikte Trennung zwischen Kultur und Betrieb. Als Verein – und deshalb hat sich auch das „Stockwerk“ [siehe nächste Seite] ideal ergeben – wollen wir nicht aufs Egon festgelegt sein. Hauptsponsor des Vereines bin ich.  Der Verein bekommt zwar Subventionen, aber nicht in dem Maße, wie andere Einrichtungen. Sie waren über die Subventionspolitik-Diskussion rund ums cinema paradiso damals sehr erbost.
Ich glaub, dass die paradiso-Macher mit viel Aufsehen ihre Forderungen durchgesetzt haben. Ich hab diese Art und die Subventionshöhe als zutiefst ungerecht und nicht nachvollziehbar empfunden und darauf verwiesen. Das Land hat auf meinen Brief damals nicht einmal reagiert. Um mich nicht falsch zu verstehen. Das Paradiso ist förderungswürdig, aber die Relationen sind ungerecht, das ist im Vergleich zu anderen einfach nicht im Rahmen.  Wenn Sie für Subventionsvergaben zuständig wären, wie würden Sie vorgehen?
Was mich prinzipiell ärgert ist, dass es offensichtlich nicht um die Sache und ihren Wert geht, sondern um Politik, wer wem zum Gesicht steht – dabei müsste es doch egal sein, ob so etwas jetzt vom Land oder der Stadt unterstützt wird.
Gerecht wäre, sich anzuschauen, was jemand macht und welchen kulturellen Stellenwert es für die Allgemeinheit hat. Dementsprechend muss gefördert werden, wobei laufend kontrolliert werden muss, ob die Investition gerechtfertigt ist und seriös eingesetzt wird. Ein anderer „Tiefschlag“ war wohl das MM Jazzfestival, wo das EGON als d a s Jazzlokal in St. Pölten nicht Berücksichtung fand und im Zuge der Eröffnungsfeier gar der Sager fiel, Marianne Mendt habe den Jazz nach St. Pölten gebracht.
Auch das war eine politische Angelegenheit. Das MM Jazzfestival wurde vom Land unterstützt, daher wurde es auch in Häusern des Landes, also dem Festspielhaus, der Bühne im Hof und dem cinema paradiso durchgeführt. Für mich war es nur Beleg dafür, dass das Land St. Pölten, dass es die hiesige Szene einfach ignoriert, denn jeder, der sich mit der Materie auseinandersetzt, weiß, dass er in St. Pölten bei so einer Veranstaltung an uns eigentlich nicht vorbeigehen dürfte.  Marianne Mendt war aber jetzt bei Ihnen im Lokal. Ist da was rausgekommen?
Mal sehen. Sie hat mir in Aussicht, dass wir vielleicht im Vorfeld ein paar Castings bei uns durchführen, und während des Festivals ein paar after show Geschichten. Fixe Spielstätte zu werden, danach sieht es leider noch nicht aus. Welche Vision haben Sie für den Jazzherbst?
Wenn das Geld da wäre, würde ich ihn gerne zu einem stadtumspannenden Festival ausbauen. Wir betonen ja immer – und da braucht man nur die Drucksorten anzusehen – Jazzfestival St. Pölten, nicht etwa Jazzfestival Egon. Ich würde es gerne Stück für Stück verlagern, in vielen Lokalitäten spielen – da könnte ich mir etwa das Kuckucksnest, Leo Graf oder auch das paradiso vorstellen. Wie beurteilen Sie die derzeitig Szene generell, auch im Hinblick auf das Angebot?
Es gibt viele Beiseln, die Livemusik anbieten in der Hoffnung, damit auch mehr Leute ins Lokal zu lokal. Da ist das Programm extrem dicht. Es besteht halt die Gefahr, dass eine gewisse Übersättigung eintritt. Dass - selbst wenn jemand Berühmter auftritt - die Leute dann sagen: Naja, halt ein Live-Konzert mehr.
Mir sind auch Doppelgleisigkeiten ein Rätsel, warum es etwa das warehouse gibt und jetzt zusätzlich den frei.raum, der offensichtlich dasselbe macht, im Unterschied zum warehouse aber subventioniert wird. Für mich persönlich ziehe ich die Konsequenz, dass wir uns mit qualitativen Nischenprodukten etablieren müssen. Qualität ist überhaupt „Programm“ im EGON. Sie haben einen schönen Innenhof angelegt, jüngstes Baby ist ein Weinkeller – was war da die Motivation?
Der Weinkeller war ein Tick von mir. Die Räumlichkeiten haben sich dafür einfach ideal angeboten. Ich hab lange herumgewerkt, auch jetzt gibt’s noch Kleinigkeiten, die wir aber bis im Frühjahr abgeschlossen haben. Provisorisch kann man ihn aber schon nutzen.  Was wird sich dort abspielen, wie viel kostet der Spaß?
Rund 25 Personen finden darin Platz. Er eignet sich für Gruppenfeiern, Firmenfeiern, Empfänge und natürlich – das möchte ich jedenfalls machen – Weinverkostungen. Grundsätzlich verlange ich nichts dafür, man muss nur rechtzeitig reservieren.