Der Hype mit dem Bike
Text
Johannes Reichl
Ausgabe
Auch wenn die Szenen nicht ganz mit Easy Rider vergleichbar sind, so macht es durchaus Eindruck, wenn die Minibiker in geballter Ladung ausschwärmen. Ein Lokalaugenschein.
“Wie nennt man die Fahrzeuge jetzt eigentlich.”, frage ich als völliges Greenhorn. „Pocket-Bike oder Mini-Bike“, klären mich Peter und Michael auf. Und das trifft den Nagel auf den Kopf. Ihre Bikes reichen mir gerade einmal bis zum Knie - da war meine Maxi in grauer Vorzeit tatsächlich eine. Doch kein Grund, sich falschen Vorstellungen hinzugeben. „Das Bike ist zwar klein, aber man baut schon eine ganz schöne Geschwindigkeit auf.“ Was ist eine ganz schöne Geschwindigkeit? „Die Palette reicht von 45 bis 110 km/h, es geht also ordentlich zur Sache!“ Allerdings, und der Speed-Kick ist gerade das, was die Minibiker am meisten fasziniert, wenngleich Michi einschränkt. „Es ist aber mehr. Auch das Basteln gehört etwa dazu – irgendwas ist immer zu tun: neuer Vergaser, Verschalung runter, Lenkereinstellung. Es ist einfach ein Spaß.“
Betrieben werden die kleinen Motorbienen mit Benzin, Gemisch 1:25. Gekauft werden sie und die Ersatzteile dazu entweder übers Internet - Peter hat sein Bike etwa bei einer Auktion auf e-bay für rund 150 Euro ersteigert – im Fachhandel oder am Flohmarkt. Preislich bewegt sich der Spaß zwischen 100 bis 900 Euro. „Das hängt jeweils von Modell und der Größe ab. Es gibt quasi alles, vom Typ Harley über Motocross bis hin zu Mini-Quads.“
Once upon a time in the west
„Ursprünglich kommt der Boom aus den USA. Bei uns ist er noch relativ jung, wenngleich es von Tag zu Tag mehr.“ Wie zur Bestätigung verraten Peter und Michael, dass sie gerade einmal drei Wochen mit von der Partie sind. „Ich hab beim Vorbeifahren ein paar andere Minibiker gesehen. Da hab ich mir gedacht, dass das sicher eine Hetz ist.“ Gesagt, getan. Markus, der zur Gruppe stößt, ist mit seinen zwei Monaten Erfahrung sozusagen schon ein alter Hase. Ihm taugt vor allem das Gemeinschaftliche. „Es hat sich eine nette Szene entwickelt. Man trifft sich, tauscht Erfahrungen aus.“ Und wie reagieren die Leute im allgemeinen. „Die meisten schauen uns zu, sind auch sehr interessiert, informieren sich, wie die Bikes funktionieren - die sind eigentlich recht nett.“ Weniger nett in ihren Augen behandelt sie die Polizei. „Die macht es uns wirklich schwer. Das Problem ist, dass die Minibikes nicht für den Straßenverkehr zugelassen sind. Wir dürften deshalb auch nicht auf öffentlichen Parkplätzen fahren, obwohl wir da doch niemand stören. Wie als hätte er den Braten gerochen, taucht ein Streifenwagen auf und zwei Polizisten steigen aus. „Aha, schon wieder so Bikes.“, sagen sie streng-amtlich. Da die Fahrzeuge aber nicht in Betrieb sind, düsen sie schließlich unverrichteter Dinge ab. Markus versteht die Welt nicht: „Andere Jugendliche nehmen Drogen oder gehen einbrechen. Wir wollen nur mit den Minibikes fahren und werden verstampert. In St. Pölten darf man überhaupt nichts mehr machen!“ Das klingt nach Frust, und man tut sich schwer, den Jungs zu widersprechen. Eine friedliche Szene, die ihren Raum sucht – vielleicht findet sich ja irgendeine befriedigende Lösung für alle Seiten.