Ich Markenschwein
Text
Thomas Winkelmüller
Ausgabe
In meiner Prada-bedeckten Brust schlummern zwei Herzen. Das eine möchte den Louis-Vuitton-Store anzünden, das andere davor noch ein paar Designer-Jacken rausretten. Meine Generation hat den Kapitalismus vererbt bekommen und während sie ihn hasst, liebäugelt sie immer wieder mit dem Prinzip Angebot und Nachfrage.
Ich ertappe viele meiner Freunde und mich mit jedem Blick in unsere Kleiderschränke dabei, Heuchler zu sein. Der Kapitalismus ist böse, aber die Hose von Yves Saint Laurent – und wehe sie ist fake!
Aber warum liegt uns an Marken so viel? Auf der einen Seite ist es sicher der Spaß daran, auszusehen, als seien wir im Ersten Bezirk gerade aus der Wohnungstür getreten. Denn gleichzeitig wissen nur wir, dass der Weg mit der U3 gerade ein deutlich weiterer war. Luxusmode wird zur Absurdität. Wir kaufen das teure Zeug günstig auf Flohmärkten oder knüpfen es einer älteren Dame via „willhaben“ ab, weil sie nicht weiß, wie viel der alte Staubmantel wert ist. Welche Rolle spielt schon die Zurschaustellung von Marken, wenn auch der Soziologie-Student damit angeben kann?
In diesem Protest liegen aber zwei traurige Wahrheiten. Erstens sind wir im Kapitalismus gefangen und müssen es uns darin richten. Ich schlafe besser, wenn mein Kleiderschrank auch als Sparbuch durchgeht. Und auch wenn wir uns über Marken und Menschen, die dafür tausende Euro ausgeben, lustig machen, sind wir doch deren Opfer. Denn leider fühlt es sich irgendwie gut an, wenn wir zumindest so aussehen, als wären wir gerade in der Kärntnerstraße aufgewacht.