MFG - Kostenfrei proben
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MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Kostenfrei proben

Text Andreas Reichebner
Ausgabe 05/2023

Junge Band, wenig Mittel, dafür umso mehr faszinierende Musikideen – das könnte in St. Pölten funktionieren, vorausgesetzt, man ergattert einen der „24/7“ kostenlos zur Verfügung stehenden Proberäume. Denn die gibt’s, im Gegensatz zu den meisten anderen Städten, hier angeboten. Allein, die Warteliste wird zurzeit immer länger.

Die kostenfreien Proberäume haben bei uns schon eine lange Tradition“, weiß der dafür verantwortliche Leiter des Freiraums und Jugendkoordinator der Stadt Wolfgang Matzl, „schon im ehemaligen Frostl-Areal und im Karmeliterhof, wo René Voak maßgeblich beteiligt war, probten Bands gratis.“ Seit 2009 stehen bei der MBA-Mülldeponie neun Proberäume zur Verfügung. „Pro Raum sind zwei bis vier Bands drin, die Zahl der Bands und Projekte wechselt dabei ständig. Ein Raum ist als Tonstudio für einen DJ/Producer vergeben, einer für die Musikschule. Es ist ein ziemlich cooles Biotop“, so Matzl weiter, der ab und dann bei den im Grunde selbstverwalteten Räumlichkeiten nachschaut, ob alles in Ordnung ist. „Der Wolfgang ist unser Ansprechpartner, mit ihm steht und fällt alles“, erzählt Tim Sklenitzka von „Aeons Of Ashes“, „die Proberäume sind sicher mit ein Grund, warum die Szene in St. Pölten so vielfältig und erfolgreich ist.“ Momentan wird aber die Warteliste immer länger. „Lange Zeit haben wir alle Anfragen unterbringen können, aber seit einem Jahr füllt sich die Warteliste. Wir denken schon über neue Proberäume nach, wir haben den Bedarf erkannt und arbeiten daran, vielleicht im Löwenhof, aber momentan ist es noch zu früh, darüber konkret Auskunft zu geben“, möchte Matzl die Pläne der Kulturverwaltung nicht vorwegnehmen.

Zwei neue Proberäume geplant
Im Sonnenpark am Spratzerner Kirchenweg wird begonnen, die beiden Häuser zu renovieren. „Im rechten Haus, das wir mit dem Bund und einem Crowdfunding herrichten, sind neben einem Club und einem Veranstaltungsraum zwei Proberäume und ein offenes Studio geplant. Aber in der ersten Phase werden wir es gerade schaffen, den schwarzen Raum und die Heizung zu machen“, sagt Andreas Fränzl von Lames, „dabei wäre es wichtig, solche Räume zu haben, wo sich die Szene generationenübergreifend treffen kann, wo ein Austausch zwischen Künstlerinnen und Künstlern stattfindet, als sozialer Knotenpunkt. Das war schon im Frostl-Areal Grundtradition. Irgendwie herrscht ja in St. Pölten diesbezüglich ein Lokalnotstand.“
Beim linken Haus, das vor allem der bildenden Kunst zur Verfügung stehen soll und dessen Instandsetzung je zur Hälfte von Stadt und Land finanziert wird, können der weiße Saal, das Dach, die Fenster und die Heizung renoviert werden.
Austausch zwischen den Bands
Den Austausch gibt es in den Proberäumen bei der MBA-Deponie. „Es ist schon Platz auch für gegenseitige Begegnungen oder Equipment Sharing. Unsere Sängerin July Fellner haben wir hier als ‚growlende‘ Metal-Voice entdeckt“, streicht Tim Sklenitzka den Wert der Proberäume hervor, „wir sind schon seit Beginn dabei und haben uns schon einen Mittelklassewagen erspart.“ Bands wie „Salami Recorder“, „The Attic“ oder „House of Riddim“ nützen ebenfalls die Möglichkeit, rund um die Uhr zu proben und Neues zu entwickeln. Pech haben zurzeit die Bands, die sich auf der Warteliste befinden. Aber auch trist schaut es bei geeigneten, zu mietenden Räumlichkeiten in und rund um St. Pölten aus. Davon weiß etwa der bekannte „Stromgitarrist“ Thomas „Matzi“ Matzinger vom „BnB Project“ ein Lied zu singen: „Etwas Brauchbares zu finden ist nicht einfach, meist bleiben da nur alte, aufgelassene Ställe und Schuppen übrig.“ Dabei wäre das auch im Interesse der Stadtverantwortlichen, wie Wolfgang Matzl erwähnt: „Wäre natürlich auch gedacht, dass sich arrivierte Bands Proberäume selbst mieten.“
Vieles würde fehlen
„Viel Musik würde aus St. Pölten fehlen, hätte es dieses Angebot der Stadt nicht gegeben“, sagt Florian Hartl, Drummer der Hard Rock-Formation Adrenaline Kings, „wenn ich das erzähle, fragen mich Bands aus allen Teilen Österreichs, ob das wahr ist, rund um die Uhr, kostenlos proben zu können. Hartl, der mit dem Profact-Team schon Produktionen wie „The Wall“ und „Jesus Christ Superstar“ stemmte, spricht klare Worte: „Da kann man eigentlich nur Danke an die Zuständigen der Stadt, allen voran Wolfgang Matzl sagen.“ Hartl war auch schon dabei als noch im Karmeliterhof Kellerräume zur Verfügung gestellt wurden, „nach der Renovierung wurde uns dann die Alternative bei der MBA-Deponie angeboten. Wir können den Proberaum auch phasenweise als Aufnahmestudio verwenden.“
Glücklich, die drinnen sind
Glücklich schätzen dürfen sich also die Bands, die zurzeit von den Proberäumen profitieren, die Gruppen und Künstlerinnen und Künstler auf der Warteliste haben weniger davon. „24/7“ kostenfrei proben zu können, weckt natürlich Begehrlichkeiten, bedeutet aber ebenso einen enorm wichtigen Input für die St. Pöltner Musikszene.