MFG - Holland vs. Österreich: Part 1 of 2
Holland vs. Österreich: Part 1 of 2


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St. Pöltens gute Seite

Holland vs. Österreich: Part 1 of 2

Text Althea Müller
Ausgabe 03/2010

Auslandsaufenthalt. Wann, wenn nicht während meines letzten FH-Semesters im Rahmen des Praktikums? Eben. Ich bin dann also mal weg. In Holland. A few months. Die Unterschiede sind gravierend. Ein Vergleich biedert sich an. So here we go. Statusbericht Teil 1 von 2 …

Auto
Kannst du in Holland vergessen, außer du bist reich (und hast eine Garage / einen Dauerparkplatz) oder arm (weil du überall Gebühren zahlst). Anders betrachtet aber, profitiert die Umwelt von weniger Abgasen, net woahr. Also je 1 Punkt für beide!
NL 1 / AUT 1

Bahn
In Österreich sind die Züge sauber und auch in der 2. Klasse top ausgestattet. In den Pendlerzügen Hollands sehen die meisten Waggons innen wie Relikte aus den 70ern aus. Dafür drücken die Schaffner hier gleich beide Augen zu, wenn du keine oder eine falsche Karte hast – große Augen, der Hinweis aufs Studentendasein und der Nebensatz „Ich bin sooo müde und will nur noch nach Hause“ wirken hier Wunder, während man sich in Österreich damit ziemlich sicher auf der nächsten Polizeidienststelle wiederfindet. Und: Bei Verspätungen gibt es am Ticketschalter schon mal spontane Rabatte bis 40 %. Menschlichkeit statt Komfort. Nehm ich gern.
NL 2 / AUT 1
Café
Ich habe das, wie ich denke, einzige Kaffeehaus in Holland entdeckt, das wie ein Wiener Café eingerichtet ist, eine tolle und günstige Karte hat, gratis Wi-Fi bietet, den ganzen Tag/Abend einen Rocksender laufen lässt und das Rauchen erlaubt. (Evtl. lassen sich hier meine Prioritäten erkennen...) Abgesehen von der Musik also österreichische Verhältnisse. Namen und Ort halte ich geheim, weil ich ein Biest bin.
NL 3 / AUT 2

Drogen
Jaja, die Coffeeshops. Wenn sich niemand rundherum wundert, wird’s selbst für einen Einwanderer innerhalb weniger Stunden (!) normal, dass hier Gras geraucht werden darf und in jedem Dorf mindestens ein kleiner Laden ist, wo es so, äh, komisch riecht. Und die Leute sind auch nicht aggressiver als die Besoffenen im Wiener Bermudadreieck. Eher weniger.
NL 4 / AUT 2

Einkaufen
In Holland gibt es nicht nur für jeden Geschmack und jedes Budget Unmengen an Sinnvollem und Klumpatt zu kaufen – das Einkaufen macht auch definitiv mehr Spaß. Freundliche Verkäufer, schöne Dekos, günstige Wühlkörbe selbst im First Class-Designer-Shop, das Wort „Kortnig“ (Rabatt) wo man geht und steht und fast die ganze Zeit über Ausverkauf.
NL 5 / AUT 2

Fahrrad
Selbst bei eisiger Straßenlage lassen es sich die Niederländer nicht nehmen, tapfer zu radeln. Dass es den einen oder die andere dann schon mal auflegt, nehmen sie genauso tapfer in Kauf. Auf den Straßen ist mehr Platz für Radfahrer als Fußgänger, und die Kinder werden von beherzten, rotwangigen Eltern einfach vorn aufs Radl gesetzt. Abgase: null. Stramme Wadln: unzählige.
NL 6 / AUT 2

Garbage
Mülltrennung sucht man hier sowohl privat als auch in Firmen eher vergeblich. (Ausnahmen bestätigen die Regel) Am ehesten wird noch Papier und/oder Bio getrennt, ansonsten landet grundsätzlich alles im selben Mist. Wobei letzteres größtenteils gegen Entgelt geregelt wird – und durch Chipcards und versperrte Tonnen werden die Bürger zu Sparsamkeit beim Mistverursachen angehalten.
NL 6 / AUT 3

Handy
Am Bahnhof, in der Fußgängerzone oder beim Zugfahren: Egal ob alt oder jung – jeder hat sein Telefon in der Hand, hört Musik, schreibt SMS oder E-Mails bzw. telefoniert. Da es hier jeder macht, schimpft auch keiner.
NL 7 / AUT 3

Internationalität
In Österreich reden wir – österreichisch oder hochdeutsch. Im besten Fall noch englisch, aber wirklich nicht gern. Blöder Tourist! In Holland reden fast alle niederländisch und englisch. Sowie sehr oft auch noch deutsch und bei näherem Nachfragen garantiert auch ein paar Brocken französisch – wenn nicht sowieso fließend. Selbst die Bankomaten sind viersprachig.
NL 8 / AUT 3

Jugendliche
Sosehr die Teens auf den niederländischen Straßen auch brüllen und schreien mögen (weil sie betrunken sind oder einfach nur, um sich mit ihren Freunden drei Geschäfte weiter auszutauschen) – wenn ihnen ein Stück Jause auf den Boden fällt, heben sie es auf. Wenn man ihnen im Weg ist, warten sie geduldig. Und rauchen nur im Raucherbereich. Gute Kinderstube. Könnt man sich glatt noch was abschauen.
NL 9 / AUT 3

Kirchen
Meistens sind sie verschlossen. Angeblich, weil früher die nicht so gläubigen Menschen regelmäßig die Kanzeln leergeräumt haben. Trotzdem: Wie soll man sich wie die Boondock Saints fühlen, wenn man im besten schwarzen Mantel nicht mal in eine Kirche kann, um filmreif mit seinem Schicksal zu hadern?
NL 9 / AUT 4

Lebensmittel
Ein Traum für Junkfood-Fans: Pudding in 1-Liter-Tetrapaks, Pizza und Milka-Schokolade zu Dumpingpreisen. Zur Freude von Vegetariern und Veganern gibt es außerdem in fast jedem Supermarkt Sojaprodukte und Tofu in allen Variationen zu moderaten Preisen. Damit man sich andere Sachen auch noch kaufen kann.
NL 10 / AUT 4

Menschen
Holländer haben weniger Berührungsängste, aber auch weniger Interesse. Heißt nicht, dass es nicht schräge Begegnungen gäbe. (So sind meine ersten Freunde hier Ferdi der Busfahrer, der mit mir ein Wettrennen gegen einen anderen Bus gefahren ist. Oder John der Thaibox-Trainer, der von deutsch bis russisch alle Sprachen spricht, immer Ärger mit seinem Sohn und eine modelnde Tochter in Seattle, und mich vor einer geisteskranken Vermieterin bewahrt hat, ohne auch nur ein Danke annehmen zu wollen.) Nur: Wenn immer jeder und alles in Bewegung ist, will auch niemand wissen, woher du kommst und wohin du gehst. Wichtig ist nur, dass du jetzt hier bist und was du jetzt hier machst. Irgendwie Zen, Leere, Freiheit. Geh nur niemandem auf die Nerven. Und: Nein ist Nein.
NL 11 / AUT 5

Stand zur Halbzeit: NL 11 / AUT 5
Ich mag Holland. Und vermisse Österreich, vor allem „mein“ St. Pölten, bis aufs
Knochenmark. In Summe ein gutes Gefühl.