MFG - IN WAS FÜR EINER STADT LEBEN WIR EIGENTLICH ...
IN WAS FÜR EINER STADT LEBEN WIR EIGENTLICH ...


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

IN WAS FÜR EINER STADT LEBEN WIR EIGENTLICH ...

Ausgabe 06/2022
… in der Jekyll & Hyde gespielt wird. Wurde von vielen massiv ein Gestaltungsbeirat als Wahrer der baulichen Identität gefordert, so ist manch Fürsprecher – nachdem das Gremium seine Arbeit aufgenommen hat – plötzlich gar nicht mehr so begeistert. Teils aus persönlicher Betroffenheit, teils auch aus offensichtlichen Kinderkrankheiten: So ist die Rede von Verzögerungen bei Verfahren, weil der Beirat ursprünglich zu selten tagte, zudem – was sich als kontraproduktiv erwies – wurde er in bereits laufende Projekte eingebunden, was unweigerlich zu „Bröseln“ führte. Schließlich kommt auch der Vorwurf, die Verwaltung würde sich quasi hinter dem beratenden Gremium „verstecken“ und alle  Empfehlungen 1:1 übernehmen. Jens de Buck, Leiter der Abteilung Stadtentwicklung, räumt ein, dass mit der neuen Instanz auch teils neue Projektabläufe einhergingen, die sich zwischen Fachabteilungen, Beirat, Bauerwerbern und Planern einspielen mussten. „Überdies sei angemerkt, dass sich der Gestaltungsbeirat aus anerkannten Experten zusammensetzt, deren objektiv profunde Expertise einen fachlich hohen Maßstab für die Magistratsbediensteten darstellt.“ Kurzum, er macht das, wofür er installiert wurde – und er macht es, wie de Buck überzeugt ist, gut: „Im nunmehr zweiten Jahr ist das ‚Einspielen‘ der Abläufe und der frühzeitigen Projektbehandlung überaus positiv feststellbar.“

... in der es die Whopper-Kette scheinbar irgendwie schwer hat. Wir erinnern uns, Brunngasse, 2008: Burger King in St. Pölten, das stand für mehr Urbanität und globale Esskultur – na gut, zumindest für etwas „Normalität“, wie man sie halt aus richtigen Städten vom Urlaub kannte. Oder halt aus Wien. Doch bald hörte man von Lüftungsanlagen und Behörden und schon war das Lokal dicht, bis sich Jahre später Gerüchte über ein Comeback im Stile Lazarus‘ verdichteten... und tatsächlich – an der Mariazeller Straße eröffnete 2019 wieder ein Burger King. Nun, mittlerweile ist er wieder dicht. Ein Nachbar beanstandete Verfahrensfehler und die Art der Lärmmessung, somit war die Betriebsanlage nur befristet genehmigt und das Landesverwaltungsgericht (LVwG) zuständig. Doch dieses entschied nicht. Ein vorgelegtes Sachverständigengutachten wurde nicht akzeptiert, das vom Gericht bestellte ist noch ausständig: zuerst Corona, dann eine Panne bei einer Lärmmessung… So kam es, dass die befristete Genehmigung auslief, bevor das LVwG in der Sache entschieden hatte. Der Verwaltungsgerichtshof hat nun aufgetragen, bis Ende Juni zu entscheiden, ein nächster Termin sei bereits fixiert. Burger King steht parat: Die Mitarbeiter seien nicht gekündigt, sondern in anderen Restaurants eingesetzt. Bei grünem Licht werde man St. Pölten binnen Stunden hochfahren.

... in der Personalleasing-Firmen ein Viertel der Kommunalsteuer zurückbekommen können. So beschloss der Gemeinderat in seiner April-Sitzung eine Förderung zum Fortbestand einer St. Pöltner Personalfirma in Höhe von mehr als 21.000 Euro, was die Grünen ambivalent sahen. Worum geht es dabei überhaupt? Die Kommunalsteuer zahlt ein Arbeitgeber an die Gemeinde, in der die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer tätig ist. Eine Stadt mit vielen Jobs freut sich somit über hohe Kommunalsteuer. Bei Personalleasing-Firmen gilt das aber erst, wenn das Dienstverhältnis sechs Monate dauert. Bei kürzeren Überlassungen geht es nach dem Sitz der Leasingfirma. Und da sagt St. Pölten nun: Gründet einen Standort, rechnet das Personal hier ab, verschafft uns zusätzliche Kommunalsteuer – dafür könnt ihr euch mittels Förderung ein Viertel zurückholen. Die relevante Förderrichtlinie dazu wurde im Juni 2019 im Gemeinderat einhellig beschlossen.
Nun kann man zu Personalleasing-Firmen stehen, wie man will, aber aus Sicht der Stadt ist das ein durchaus schlüssiger Ansatz. Heikel wird es aber, wenn die Nachbarn auch nicht auf der „Nudelsuppen“ dahergeschwommen sind und fragen: „Darf’s ein bisserl mehr (Rabatt) sein?“ Ein Standortwettbewerb um Arbeitgeber – mit möglichst niedrigen Steuern? Ob wir das in Österreich noch erleben werden?