MFG - Hamsterrad
Hamsterrad


MFG - Das Magazin
St. Pöltens gute Seite

Hamsterrad

Text Michael Müllner
Ausgabe 09/2020
Was hätten wir gelacht, wenn uns jemand im Februar vorausgesagt hätte, was wir im März erleben würden? Undenkbar. Im April waren wir dann hoffnungsvoll, im Mai dankbar, immerhin wurde dem Alltag etwas Normalität „ermöglicht“. Nun ist Herbst und wir finden fast schon normal, was eigentlich ein unmöglicher Sommer war. Wir Menschen passen uns an neue Umweltbedingungen eben geschickt an.
Wir Österreicher sind darin sogar Meister. Dank „Eigentlich“ schauen wir schon, dann sehen wir eh. Und so wird auch die kalte Jahreszeit irgendwann wieder dem Frühling weichen. Doch wie wird das Land aussehen, nach einem Jahr Corona? Welche Betriebe werden sich vom Markt bereinigt, welche Arbeitsplätze „verlagert“ haben? Wie wir durch die Krise kommen werden, ist zwar entscheidend für die Einzelschicksale der Menschen.
Doch es geht auch um das große Ganze. Wird das Innehalten im Lock-Down, das Besinnen auf Familie und Freundschaft, der Fokus auf das eigene, gesunde Leben die Richtung ändern, in die wir als Gesellschaft insgesamt streben? Werden wir nachhaltiger konsumieren? Anders Reisen? Die Verantwortung fürs Gemeinsame ernster nehmen? Oder haben wir alles vergessen, sobald wir uns wieder bis vier Uhr nachts billigen Wodka in den Schädel schütten und Städteflugreisen um 29 Euro verschenken können?
Schaffen wir den Sprung aus dem Hamsterrad? Schärfen wir zumindest den Blick darauf, wie hastig wir mitlaufen wollen? Es scheint, selbst eine weltweite Pandemie kann das Rad nicht kippen. Dafür bräuchte es schon willensstarke Hamster.